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Muss es ein Verein oder eine Genossenschaft sein?

In der neuen Reform hat der Gesetzgeber die Richtlinien für die „sozialen Unternehmen“ neu definiert. Diese Qualifikation kann von allen Körperschaften (auch wenn diese gewinnorientiert sind) erworben werden, wenn diese vorwiegend (d. h. mindestens 70 % der Umsätze werden damit erzielt) eine unternehmerische Tätigkeit im Interesse der Allgemeinheit ohne Gewinnabsichten ausüben. Dies bedeutet aber auch, dass 30 % der Umsätze durch ganz normale, gewinnmaximierende Tätigkeit erzielt werden können (!).

Der Gesetzgeber ermöglicht somit auch Kapitalgesellschaften (GmbH, AG) die Qualifikation als soziales Unternehmen zu erwerben. Gegenüber den in der Praxis bisher verwendeten Formen (Vereine, Genossenschaften) ergeben sich somit große Vorteile sowohl durch die Haftungsbeschränkung (Haftung des Vorstandes bei Vereinen) als auch verwaltungstechnisch (Mindestmitgliederzahl). Körperschaften, die ausschließlich Dienstleistungen für Mitglieder anbieten, sind nicht zugelassen.

Soziale Unternehmen und deren Gesellschafter/Mitglieder profitieren von Steuervorteilen. So finden weder die Branchenrichtwerte noch die Regeln der nicht operativen Gesellschaften Anwendung. Besonders interessant ist, dass die erzielten Gewinne steu­erfrei sind, sofern diese im Unternehmen verbleiben. Dies gilt auch für jene Gewinne, die mit den gewinnorientierten Tätigkeiten erzielt werden. Personen, die in soziale Unternehmen investieren, können 30 % des investierten Betrages von der Ein­kommenssteuer absetzen. Auch für Kapitalgesellschaften, die in soziale Unternehmen investieren, sind Steuervorteile vorgesehen.

Für zahlreiche Körperschaften, die in Bildung, Gesundheit, Sport, Kultur, Tourismus, Soziales, Fairer Handel, Wohnungsvermietung usw. tätig sind, ergeben sich somit völlig neue Möglichkeiten, ihre Tätigkeit zu organisieren und rechtlich neu auszurichten. Die Regeln können auch von religiösen Körperschaften, die in diesen Bereichen tätig sind, angewandt werden. Na, wenn das nicht mal eine zukunftsweisende, praxisorientierte und unter vielen Aspekten sehr interessante Neuerung des Gesetzgebers ist…!?

von Walter Gasser, Kanzlei Gasser Springer Perathoner, Eder & Oliva