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Die Törggelezeit

Warme Spätsommertage und laue Abende, der Herbst steht vor der Tür. Die Apfelernte hat begonnen, das „Wimmen“ ist nur eine Frage der Zeit. Wanderungen mit Einkehr in Gasthöfen und Bu­schenschänken können noch eingeplant werden.

Das ganze Jahr über arbeiten die  Bauern fleißig auf dem Feld, in den Obstanlagen und Weinbergen und hoffen auf eine gute Ernte bzw. Weinlese im Herbst.  Aber auch Wetterglück ist nötig, denn Hagel während der Erntezeit oder zu viele Regentage können das reife Obst und die Weintrauben kurz vor der Ernte noch schädigen oder vernichten. Die lange und mühevolle Arbeit eines ganzen Jahres könnte zunichte gemacht werden. In der Herbstzeit kommt es auf ein gutes „Timing“ und das richtige Gespür an.

Knödel und Sauerkraut, einfach lecker

Törggelen – eine Tradition
Der Herbst mit seinen bunten Farben und dem Ende der Obst­ernte bzw. der Weinlese wird selbstverständlich auch bei uns gebührend gefeiert, und was eignet sich besser dazu als ein gemeinsames Festessen mit den lokalen Erzeugnissen, das bei uns besser unter dem Begriff „Törggelen“ bekannt geworden ist. Diese  typische Südtiroler Tradition hat ihren Ursprung im Meraner Gebiet, im Eisacktal und in der Umgebung von Bozen. So wurden früher die Bergbauern, zum Dank für die Haltung der Kuhherden über den Sommer, zur Verkostung der Hofprodukte und des neuen Weines eingeladen. Andere Bauern luden ihre  Erntehelfer aus nah und fern nach der Ernte als Dank zu einer großen Marende ein. Daraus hat sich im Laufe der Zeit das Törggelen entwickelt, das zu einem gemütlichen Beisammensein und auch üppigen Schlemmen für Einheimische und Gäste geworden ist. Dabei wird meist einheimische Hausmannskost in einem Buschenschank, einer Jausenstation oder einem Weinkeller serviert, wo es gemütlich und locker zugeht und besonders gut schmeckt.
Die heimische Küche bietet dabei verschiedene Knödel, Kraut- und Fleischplatten,  Hauswürste und Speck, frische oder lange gelagerte Käsesorten sowie  Gerst­suppen und „Schlutzer“ an. Als Nachspeise gibt es dann noch mit  Mohn-, Marmelade-  oder Kastaniencreme gefüllte Krapfen und, als Krönung des Abends, der sich meist in die Länge zieht, gebratene Kastanien mit frischer Butter oder Sahne. Als Getränke wird der  „Neue Wein“ und oft auch der „Suser“ aufgetischt. Letzterer ist ein neuer Wein, der erst am Anfang seines Gärungsprozesses steht und nicht mehr als 1 % Alkohol aufweist und recht süß und „süffig“ ist.  Die köstlichen Kastanien bereichern die lokale Küche. Sie finden in zahlreichen Speisen Verwendung und eignen sich hervorragend für die Zubereitung vegetarischer Gerichte.

Bunter Herbst und edle Kastanien
Gerade nach einer netten Herbstwanderung gibt es wohl nichts Schöneres, als mit Wanderfreunden  in einer Gaststätte einzukehren und den Tag mit Südtiroler Köstlichkeiten ausklingen zu lassen. Im Meraner Gebiet laden beinahe alle Ortschaften  von Ende September bis Mitte November zum Törggelen ein. Tisens mit Prissian und Völlan  stechen dabei besonders hervor, und so wird die Edelkastanie am Hochplateau von Tisens im Oktober beim  „Keschtnriggl“ ganz spe­ziell gefeiert. In dieser Zeit werden die Kastanien vielseitig verwendet  und daraus kulinarische Köstlichkeiten rund um diese Frucht gezaubert. Der „Keschtnriggl“ ist dabei ein Behälter mit einer rauen Struktur, der durch Schütteln zum Schälen der Kastanien dient. In Völlan wurde zum Unterstreichen der Kastanientradition ein eigener Kastanien-Erlebnisweg geschaffen, der über die nussige Frucht Auskunft gibt. Wer im Herbst durch die Mischwälder des Burggrafenamtes wandert, trifft immer wieder auf Kastanienbäume mit ihren typischen Blättern und stacheligen Früchten. Die mächtigen Edelkastanienbäume üben eine magische Anziehungskraft aus. Die am Boden oder Wegrand liegenden Kastanien sind für die Bauern eine wichtige Nebenerwerbsquelle und sollten daher nicht ohne Rückfrage bei den Bauern aufgehoben und mitgenommen werden.

von  Wilfried Mayr