Eine Redewendung lautet: „Die Algunder sein bsunder“. Und das beweist Algund, da sie die einzige Gemeinde Südtirols ist, deren Fläche nicht aneinanderhängt. Mit der Fraktion Aschbach besitzt Algund eine Exklave im Vinschgau. Seit 2010 steht
Ulrich Gamper, Sohn des langjährigen Bürgermeisters Hans Gamper, der Gemeinde vor.
Seit 2010 sind Sie Bürgermeister von Algund. Wie blicken Sie auf die vergangene Legislaturperiode zurück?
Die Arbeit als Bürgermeister ist die Kunst, alles unter einen Hut zu bekommen. Dabei lag mein Fokus seit Beginn meiner Amtszeit stets darauf, vor allem bürgernahe Projekte voranzutreiben und möglichst viele Gelegenheiten anzubieten, um „gemeinsam“ Algund zu gestalten. In diesem Sinn hat sich in Algund bis heute viel getan. Einige Großprojekte waren der Bau der „neuen“ Turnhalle in der Steinachstraße mit der Einweihung 2012, die Errichtung einer neuen Feuerwehrhalle, eine neue Seilbahn nach Aschbach mit der Einweihung 2013 sowie der aktuelle Wiederauf- und Neubau des Freibades in der Marktgasse.
Die neue Turnhalle war für den Sport eine große Errungenschaft. Wird die Einrichtung auch genutzt?
Selbstverständlich. In erster Linie für den Sportunterricht der Algunder Schulen. Sie ist aber auch Trainingsgelände mehrerer Sportvereine, allen voran für den Handball, Floorball, Leichtathletik oder Badminton. Dabei stehen die starken Mannschaften des Sportclubs für sich.
Welche Sektionen betreut der Algunder Sportclub Raiffeisen?
Die Sektionen des Amateursportclubs Algund-Raiffeisen sind: Handball Herren, Handball Damen, Eisstock, Fußball, Floorball, Badminton, Schack, Kegeln und Leichtathletik.
Der ASC verfügt über zwei Sektionen im Handball für Damen und Herren.
Der Handball hat in Algund einen besonderen Stellenwert. Gleichzeitig zählt die Damenmannschaft im ASC zu den mitgliederstärksten Sektionen des Sportclubs. Das Alter der Handballerinnen reicht von 6 bis Ende 20 Jahren. Auf Initiative des Turnlehrers Sepp Pöhl entstand 1994 die Sektion Handball Herren, die ihre damals erste Saison mit einer Jugendmannschaft in den Kategorien U10 und U12 begann. Die Folgejahre waren von beachtlichen Erfolgen geprägt. Ein besonderer Höhepunkt war der italienische Staatsmeistertitel der U14-Mannschaft 1997 und 1998 sowie der Italienmeistertitel der U16-Mannschaft 1999. 2005 gelang ihr sogar der Sprung in die Serie A2, der damals zweithöchsten italienischen Handballliga. Den bislang größten Erfolg erzielte die Sektion Handball Herren im Jahre 2007/08 mit dem 3. Platz in der Serie A2.
In der Nähe der Turnhalle befindet sich das Algunder Lido. Nach dem Großbrand im vergangenen Jahr wird vor Ort fleißig gebaut. Was erwartet uns in der kommenden Saison?
Die Renovierungsarbeiten und Neugestaltung des Freibades waren bereits vor dem Großbrand im November 2017 geplant, erhielten aber nach dem Unglück eine hohe Dringlichkeit. Bei den Arbeiten wurde auch ein Teil des Fernradweges entlang der Via Claudia Augusta auf die nördliche Seite hinter das Freibad verlegt. Etwas Besonderes wird nach den Umbauarbeiten am Lido das Projekt „Zurück zum Wasser“ sein. Es ist eine Umweltausgleichsmaßnahme, die als Ausgleich für die Nutzung öffentlicher Gewässer zur hydroelektrischen Stromerzeugung vorgeschrieben ist und von der Energiegesellschaft Alperia Green Power finanziert wird. Teil des Projekts ist die Verbauung des Wildbaches sowie die Entstehung einer generationsübergreifenden Erlebnismöglichkeit am Ufer der Etsch. Der obere Teil des Ufers wird eingezäunt und Teil des Freibades. Dadurch entsteht ein kleines Bächlein, das Kindern eine Spielmöglichkeit bietet. Das „neue“ Algunder Lido soll Anfang Juni 2018 eröffnet werden.
Das Algunder Freibad ist Teil der Algunder Freizeitzone. Erzählen Sie uns davon.
Vom Areal des Schwimmbades bis hinauf zum Minigolfplatz erstreckt sich die Sport- und Freizeitzone von Algund. Nach dem Gasthaus Römerkeller befindet sich auch ein Fußballplatz. Er ist das Trainingsgelände der ältesten Sektion des ASC Algund Raiffeisen und Austragungsort der Fielmann Fußball Sommer Camps. Geht man die Landstraße weiter gegen Westen, erreicht man den Minigolfplatz. Unmittelbar davor befinden sich mehrere Volleyballfelder und ein Kinderspielplatz. Der Spielplatz ist Ergebnis eines Workshops, bei dem unter der Leitung des Südtiroler Jugendrings und der Architektin Edith Haspinger Kinder aus dem gesamten Burggrafenamt mitgestalten durften.
An der Freizeitzone vorbei führt ein Teil des Fahrradweges der Bezirksgemeinschaft Burggrafenamt. Was sollte man darüber wissen?
Seit 2005 ist der Abschnitt des Algunder Radweges das Bindeglied zwischen dem Etschtaler und Vinschger Radweg. Er ist Teil der berühmten Radstrecke „Via Claudia Augusta“, die der antiken Handelsstraße der Römer entlang von Augsburg durch das Burggrafenamt bis nach Venedig führt. In unmittelbarer Nähe des Algunder Freibades befinden sich auch Überreste eines Brückenkopfes. An dieser Stelle soll in der Antike eine Brücke über die Etsch geführt haben.
In der Dorfmitte befindet sich eine weitere kunsthistorische Sehenswürdigkeit. Es ist die neue Pfarrkirche zum Heiligen Josef. Was macht die Kirche so besonders?
Die neue Pfarrkirche zum Heiligen Josef wurde in den Jahren 1966 bis 1971 unter der Leitung des Architekten Willy Gutweniger erbaut und zählt zu den schönsten modernen Kirchenbauten im Alpenraum. Besonders am Bau ist die Dichte an Symbolik, die sowohl in der Innen- als auch in der Außenarchitektur federführend ist. Die beste Gelegenheit, die Kirche zu besuchen, bietet sich bei den kostenlosen Kirchenführungen, die jährlich bis 25. Oktober immer donnerstags um 17 Uhr stattfinden. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.
Neben der Kirche befindet sich das Vereinshaus „Peter Thalguter“. Es wurde – wie die Kirche – auch von dem Architekten Gutweniger geplant. So bildet es mit der Pfarrkirche eine architektonische Einheit.
Benannt ist das Vereinshaus nach dem Algunder Freiheitshelden Peter Thalguter, einem Mitstreiter und engen Vertrauten Andreas Hofers, dessen Frau Anna Ladurner Algunderin war. Das Vereinshaus ist umgangssprachlich als „Peter-Thalguter-Haus“ bekannt und besteht aus zwei Stockwerken und drei verschiedenen Dächern, welche die entsprechend verschiedenen Funktionen des Gebäudes aufzeigen. Im Tiefparterre hat der Algunder Tourismusverein seine Büros. Außerdem befinden sich im Peter-Thalguter-Haus das Probelokal des Männergesangsvereins, der Verwaltungssitz des Sportclubs Algund Raiffeisen, ein Schießstand der Sportschützen, das Lokal des örtlichen Alpenvereines, eine Kegelbahn mit vier Bahnen, die 2003 neu renoviert wurden, sowie ein großzügiges Probelokal der Algunder Musikkapelle, mit mehreren Aufenthaltsräumen.
Das Hochparterre ist der zentrale Bereich des Vereinshauses, zu dem vier verschieden große Säle und ein anschließender Festplatz im Freien gehören. Verteilt über das ganze Jahr wird im Peter-Thalguter-Haus ein breitgefächertes Veranstaltungsprogramm geboten, das von verschiedenen Tagungen, Bällen, Theaterabenden, Messen bis hin zu Konzerten von internationalen Musikern reicht, wie letztlich auch der US-amerikanischen Rockband Creedence Clearwater Revival (kurz CCR).
Das reiche Freizeitangebot in Algund zieht auch mehr Fremdenverkehr an. Wie geht es dem Tourismus im Dorf?
Der Tourismus ist in Algund der stärkste Wirtschaftsmotor des Dorfes. Dafür sprechen die ansteigenden Übernachtungszahlen der vergangenen Jahre, die vor allem viele innovative Hotelkonzepte in Algund ermöglichten.
Die Apfelplantagen im Tal wie auch die Reben in den Hanglagen zeugen von einer starken Landwirtschaft. Wobei der Bioanbau in Algund einen beachtlichen Stellenwert hat.
Der biologische Anbau hat in Algund eine lange Tradition. Daher kommt es nicht von ungefähr, dass mit dem „Töllerhof-Sepp“ auch ein wichtiger Südtiroler Bio-Pionier in Algund lebt. Außerdem ist Algund der Geburtsort des Lieferservice „Biokistl“ sowie dem später daraus entstandenen „Bioexpress“. Auch in der Milchwirtschaft ist „Bio“ ein Thema. Dafür spricht ein großer Teil des Angebotes der Algunder Sennerei, das in zertifizierter Bio-Qualität hergestellt wird. Seit einigen Jahren ist auch die Psairer Bio-Bergkäserei ein Teil der Sennerei-Genossenschaft von Algund.
Wie steht es um das Gewerbe in Algund?
Das Gewerbe konzentriert sich vor allem auf das Gebiet entlang der Weingartnerstraße. Hier haben sich mehrere Handelsbetriebe, Handwerker und einige Dienstleister niedergelassen. Unübersehbar ist die Baustelle für die Erweiterung des Einkaufszentrums „Maxi Mode Center“ mit der das größte Einkaufsgebäude der westlichen Landeshälfte entsteht. Teil des Bauprojekts sind unter anderem vier Kinosäle, mehrere Bowlingbahnen, zahlreiche Einkaufsmöglichkeiten sowie Parkplätze. In der Fraktion Forst befindet der bekannteste Vorzeigebetrieb der Gemeinde: die Spezialbierbrauerei Forst. Sie ist die größte Brauerei Südtirols und hat sich weit über die Grenzen hinaus einen Namen gemacht.
Wie sieht die Erreichbarkeit des Standortes aus?
Algund ist durch die direkte Zufahrt zur Schnellstraße MeBo besonders attraktiv. Aber auch mit den öffentlichen Verkehrsmitteln ist der Standort gut erreichbar. Dafür stehen: die Vinschger Bahn, mit dem Bahnhof, wenige Gehminuten vom Maxi-Mode-Center entfernt, die Buslinien in Richtung Partschins und ins Vinschgau, die durch den Ort fahren, sowie der Algunder Citybus. Nach Vellau führt auch ein Sessellift sowie ein anschließender Korblift hoch zur Leiteralm. Die Fraktion „Aschbach“ ist hingegen bequem mit der „neuen“ Seilbahn erreichbar.
An der Einfahrt zur Schnellstraße in Richtung Bozen erinnert eine künstlerisch gestaltete Anordnung von Steinen an Stonehenge in England.
Die Steinbrocken an der Algunder Auffahrt zur Schnellstraße MeBo sind ein Kunstwerk des bekannten Münchner LandArt-Künstlers Heinrich Bunzel und stellen eine leuchtende und wachsende Steinskulptur dar. In Zusammenarbeit mit der Gemeinde, dem Tourismusverein und dem Koordinator und früheren Vizebürgermeister Martin Geier hat der Künstler 2001 mit seinem Kunstprojekt „SteinZeit“ ein Monument aus dem Boden gestampft, das selbst aus 1000en Metern Höhe erkennbar ist. Auf einer Fläche von 7500 m3 stehen 101 Steinfindlinge, die ursprünglich von namhaften Künstlern in den folgenden 10 Jahren gestaltet werden sollten. Demnach sollten also jährlich fünf Künstler jeweils einen Stein gestalten. Leider wurde das Projekt bis heute nicht abgeschlossen. Die zahlreichen Skizzen der geplanten SteinZeit-Künstler erinnern allerdings an deren Vision. Zu ihnen zählten: Ben Patterson, Kiddy Citny, Flatz, Heinrich Bunzel, Ugo Dossi sowie Jakob de Chirico.
von Philipp Genetti