Mehr Selbständigkeit für Vorbild-Regionen – dafür hat Südtirols Landeshauptmann Arno Kompatscher heute in Aosta plädiert.
Vorbildhaften Regionen, die ihr Budget einwandfrei verwalten, ihre Zuständigkeiten wahrnehmen und für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit arbeiten, sollte mehr Selbständigkeit zugestanden werden. Ein Schulterschluss zwischen diesen Regionen könne den Ausbau der Autonomie erleichtern und eine föderalistische Entwicklung vorantreiben. Das betonte heute (9. November) Südtirols Landeshauptmann und Präsident der Region Trentino-Südtirol, Arno Kompatscher, in Aosta, wo er im Maria-Ida-Viglino-Saal des „Palazzo della Regione“ im Rahmen der zehnte Auflage der „Demokratie-Schule“ und im Beisein ranghoher Politiker vor rund 70 jungen Gemeindeverwaltern aus ganz Italien über das Thema „Regierungsformen auf territorialer Ebene: lokale Körperschaften zwischen Staat und Regionen“ sprach.
Nach den Worten von Landeshauptmann Kompatscher zielten die Bestrebungen italienischer Regionen um mehr Autonomie und die neuen Formen der Zusammenarbeit auf territorialer Ebene auf eine bürgernähere Verwaltung ab und stellten ein „Gegenmittel gegen Extremismus“ dar. Bekanntlich pochen einige wirtschaftlich starke Regionen Italiens – darunter Venetien, Lombardei und Emilia-Romagna – auf mehr Autonomie, die ihnen mittels Vorvertrag von der Regierung in Rom bereits zugesagt worden ist. Kompatscher zeigte sich überzeugt, dass eine Einigkeit unter den Regionen bezüglich der institutionellen und finanziellen Aspekte den Weg zu mehr Autonomie und weniger Zentralismus eröffnen könne. „Wir können mit gemeinsamen Themen wie Umweltschutz, Gesundheit, Arbeitsmarktpolitik und Bildung beginnen“, forderte Kompatscher. Der sich in diesem Zusammenhang auch dafür aussprach, dass Südtirol jene Zuständigkeiten automatisch erhalte, die anderen Regionen zuerkannt werden.
Von einer „Operazione verità“ sprach der Landeshauptmann im Hinblick auf die Finanzierung der Autonomie. Es gelte Klischees zu entkräften, nach denen Südtirols hoher Lebensstandard vom Staat finanziert werde. Die Länder Südtirol und Trentino tragen jährlich zwei Milliarden Euro zur Tilgung der Staatsschulden bei. „Dass unser Haushalt trotz dieser Zahlungen ansehnlich bleibt“, betonte Landeshauptmann Kompatscher, „ist der starken Wirtschaft, der Vollbeschäftigung und der guten Steuermoral geschuldet“.
Eine Selbstverwaltung allerdings könne nur gut funktionieren, wenn auch die entsprechenden Mittel zur Verfügung stünden. Daher müsse die Übertragung von Zuständigkeiten mit der Bereitstellung der notwendigen Mittel Hand in Hand gehen, beispielsweise durch eigene Steuerregelungen. „Andernfalls wird die Ausübung der Befugnisse verwirkt“, sagte Kompatscher.
Im Anschluss diskutierte Südtirols Landeshauptmann Kompatscher gemeinsam mit den Präsidenten der Regionen Piemont, Lombardei und Sizilien, Sergio Chiamparino, Attilio Fontana und Nello Musumeci, über die Zusammenarbeit zwischen Staat, lokalen Körperschaften und angrenzenden Regionen zu einer kooperativen Regierung und Verwaltung des Territoriums. In das Thema hatte zuvor Verwaltungsrechtsprofessor Vincenzo Cerulli Irelli von der Universität „Sapienza“ in Rom eingeführt.
Prominente Gäste beehren in diesem Jahr die zehnte Ausgabe der Demokratie-Schule, darunter Staatspräsident Sergio Mattarella am morgigen Samstag, sowie die Ministerin für regionale Angelegenheiten und Autonomien, Erika Stefani, die die Arbeiten am Sonntag abschließen wird.
Die Demokratie-Schule „Scuola della democrazia“ entstand 2009 auf Initiative des Regionalrats des Aostatals, dem Verband „Italiadecide“ und dem italienischen Gemeindenverband „AnciGiovane“. Ihr Anliegen ist es, jungen Gemeindeverwaltung über den Austausch mit Verantwortungsträgern in Politik, renommierten Universitätsprofessoren, Führungskräften in der öffentlichen Verwaltung und namhaften Journalisten Fortbildung zu aktuellen Themen der Demokratie zu ermöglichen mit dem Ziel, die Partizipation und politische Debatte zu stärken und zu verbessern. (jw)