Dorf Tirol ist einer der geschichtsträchtigsten Standorte im Burggrafenamt. Seine Burgen und Schlösser bezeugen seine zentrale Rolle im Mittelalter.
Bedingt durch seine sonnige Lage ist der Standort heute besonders für Urlauber beliebt. Besonders stolz ist man in Dorf Tirol über zwei bekannte Südtiroler Persönlichkeiten.
Dorfgeschichte
Die Streitfrage darüber, ob die Ortschaft Dorf Tirol dem Schloss oder das Schloss dem Land den Namen gegeben hat, ist bis heute nicht eindeutig geklärt. Historiker sind der Auffassung, dass das Schloss den Namen von der nahen Dorfsiedlung erhalten hat, da der Name Tirol vorrömischen Ursprungs ist und schon lange vor der Erbauung des Schlosses existierte. Archäologische Funde weisen darauf hin, dass der Küchelberg von den Römern besiedelt wurde. Im 14. Jahrhundert war die Gemeinde in sogenannte Viertel eingeteilt, dem Kirchviertel, Walviertel, Aichach und Haslach. Das Finele wurde im 18. Jahrhundert noch zu Aichach gerechnet. Zenoberg wurde im 19. Jahrhundert Bestandteil der Gemeinde. Burgfrieden und Kronsbühel bildeten zudem eine eigene Genossenschaft. Volkszählungen aus dem 19. Jahrhundert ergaben, dass auf 1 km2 ca. 40 Bewohner lebten, um die Jahrhundertwende stieg die Bevölkerungsdichte auf 69 Einwohner pro km2 an. Die Häuser dieser Bewohner waren überwiegend Bauernhöfe. Im Lauf der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entwickelte sich die Ortschaft zu jener Gästehochburg, wie sie heute ist.
Kirchen
Die Pfarrkirche zum Hl. Johannes dem Täufer wird 1164 erstmals urkundlich erwähnt, auch wenn sie als Taufkirche der Region wahrscheinlich schon sehr viel früher entstand. Sie gilt als die älteste Missions- und Johannes-Taufkirche der Umgebung. Der aus weißem Laaser Marmor zu Beginn des 16. Jahrhunderts entstandene Taufstein gilt noch heute als äußerst schöne Arbeit. Ebenso stellt die Kirchenorgel mit ihrer großen Anzahl alter Holz- und Metallpfeifen ein kunsthistorisch interessantes Werk dar.
Die Pfarrkirche wurde 1969/70 renoviert; dabei kamen u. a. Secco-Malereien aus dem Jahr 1480 zum Vorschein.
Die Wirtschaft
Wirtschaftlich gesehen stützt sich Dorf Tirol auf den Tourismus, die Landwirtschaft, das Handwerk sowie Handel und die Dienstleistungen. Wobei Landwirtschaft und Handwerk die längste Tradition aufweisen. Viehwirtschaft gibt es heute nur noch auf den Muthöfen. Wobei selbst die Muthöfe wahrscheinlich nur deshalb noch in Betrieb sind, weil die dort stehenden Gastbetriebe durch den steigenden Wandertourismus wieder Nebenerwerb möglich machte. Gleiches gilt für die „Oberkaser“ im Spronser Tal, die „Bockerhütte“ und den Sommer wie Winter von der Familie Wopfner bewirtschafteten Hof „Langfall“. In den 1990er Jahren entstand dann die Handwerkerzone Zenoberg, die mehrere Betriebe beherbergt.
Bekannt und beliebt ist Dorf Tirol vor allem als Urlauberhochburg des Landes. Neben abwechslungsreichen Wanderwegen bietet Tirol auch zahlreiche Aktivitäten zur Freizeitgestaltung. Tennis-, Minigolf- und Beachvolleyballfelder sind ein idealer Treffpunkt für sportliche Gäste. Familien mit Kindern genießen die Aussicht und die tollen Spielmöglichkeiten im Burglehenpark. Wohltuende Erfrischung an heißen Sommertagen verspricht das Freibad „Am Wasserpark“. Und jene, die Dorf Tirol und Meran aus der Vogelperspektive betrachten möchten, fahren am besten mit der Seilbahn hinauf auf die Hochmuth, von wo aus das gesamte Etschtal zu sehen ist. Die Hochmuth ist auch ein idealer Startplatz für Paragleiter.
Vogelpflegezentrum
Seit 1998 gibt es das Vogelspital am Burghügel von Schloss Tirol. Aufgabe des Zentrums ist es, verletzt aufgefundene Vögel gesund zu pflegen und sobald als möglich wieder in die Freiheit zu entlassen. Jährlich werden ca. 150 Vögel im Zentrum abgegeben – vom kleinen Spatzen bis hin zum Steinadler. Sie alle werden gesund gepflegt und dann wieder ausgewildert. Ein beliebtes Ausflugsziel ist das Vogelpflegezentrum auch wegen der Vogelflugschau, die angeboten wird und vor allem Familien mit Kindern erfreut. Während der Vorführung erhalten die Besucher die Gelegenheit, Adler, Geier, Falken, Eulen und Bussarde aus nächster Nähe zu beobachten und kennenzulernen. Dabei werden die Besucher ausführlich über das Leben der Tiere, über die Gefahren, denen sie durch unsere Zivilisation ausgesetzt sind, und über den Artenschutz informiert.
Dorf Tirol – Ortschaft der Burgen und Schlösser
Schloss Auer: Das Schloss Auer steht am steilen Hang hin zum Spronser Bach am Eingang zum seenreichen Spronser Tal. 1288 kam die Feste in Besitz von Meinhard II., wurde Anfang des 14. Jahrhunderts erweitert und durch eine mit Zinnen bewehrte Ringmauer zu einem kompakten Bauwerk gefasst. Schloss Auer ist ein malerischer mittelalterlicher Bau. Er ist eine enggeschlossene Anlage ohne Bergfried, mit Efeu überwachsener Zinnen, bekrönter Ringmauer, herrschaftlichem Wohnbau sowie Gesinde- und Wirtschaftsgebäuden.
Schloss Thurnstein: Westlich von Schloss Tirol steht Schloss Thurnstein. Ein massiver und hoher Turm, verbunden mit einem Wohnbau aus dem 16. Jahrhundert, der im 19. Jahrhundert erweitert und im 20. Jahrhundert vollendet wurde. Ursprünglich führte der Turm den Namen Platzleid oder Platzlei und wird in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts erwähnt. Meinhard II. gab ihn 1282 Konrad Milser zu Lehen. Der Name Thurnstein erscheint zuerst 1478. Gegenwärtig ist das Schloss eine Gastwirtschaft, in der es den berühmten Napoleon-Wein gibt. Den Namen erhielt die Weinsorte beim Eintreffen der Nachricht von der Gefangennahme des französischen Kaisers Napoleon III. bei Sedan im Jahre 1870 im Deutsch-Französischen Krieg.
Zenoburg: Verlässt man Meran durch das historische Passeirer Tor, erreicht man nach wenigen Minuten am Ende der Steigung die Zenoburg. Die Burg befindet sich auf der rechten Seite auf einer Felskanzel, wo auch Reste eines alten Heiligtums stehen. Die religiöse Bedeutung dieses Ortes verfiel langsam und konnte auch nicht wiederhergestellt werden. Die Zenoburg war die Lieblingsresidenz der Tiroler Fürstenfamilie, bis Karl von Böhmen in dem Krieg gegen Margarethe Maultasch sie 1347 zerstörte. Im Jahre 1800 erwarb die Familie Leopold von Braitenberg die Zenoburg für 2000 Florints. Sie ist heute noch im Besitz der Familie Braitenberg.
Brunnenburg: Die Brunnenburg wurde vermutlich um 1250 vom Tiroler Adelsgeschlecht der Taranten erbaut. 1334 gab König Heinrich die Burg der Witwe und den Kindern des Wilhelm von Brunnenburg zu Lehen. Während der Belagerung der Burg durch König Karl von Böhmen aus dem Haus Luxemburg wurde die Brunnenburg stark beschädigt. Im Jahre 1457 kaufte Hans von Kripp die Burg. Sie blieb bis 1812 in Familienbesitz, dann kam sie in bäuerliche Hände und verfiel immer mehr. Im Jahr 1955 erwarb Boris de Rachewiltz, ein vornehmer Archäologe und Schwiegersohn des berühmten amerikanischen Dichters Ezra Pound, die Brunnenburg. Der Dichter selbst weilte seit 1958 auf dem Schloss, wo er an seinen berühmten „Cantos“ arbeitete. Die Burg wurde 1974 vom jetzigen Besitzer Siegfried de Rachewiltz als Sitz des Landwirtschaftlichen Museums umgestaltet, das die Arbeit und Lebensweise der Tiroler Bergbauern vergangener Tage veranschaulicht.
Schloss Tirol: Erbaut von den Grafen von Tirol in der Zeit zwischen 1140 und 1160, wurde die Stammburg Schloss Tirol das bedeutendste Schloss in ganz Tirol, dessen erste urkundliche Erwähnung auf das Jahr 1149 zurückgeht. Vom ursprünglichen Gesamtbau ist heute nur noch der Kern vollständig erhalten. Als besonders sehenswert gilt dabei der Südteil der Burganlage. Das Portal am Vorhof des Palas und jenes am Kapelleneingang sind kräftige und bemerkenswerte Ausprägungen lokaler Kunst aus dem romanischen Geist des 12. Jahrhunderts. Diese beiden Marmorportale, reich gegliedert und mit zahlreichen symbolischen Skulpturen ausgestattet, gehören zudem zu den originellsten Schöpfungen romanischer Kunst in Tirol. Als Besucher erreicht man die Burg vom Dorfzentrum aus auf dem Fußweg durch das Knappenloch in etwa 25 Minuten.
Dorf Tiroler Persönlichkeiten
Josef Tscholl, Träger des Tiroler Verdienstkreuzes
Am Donnerstag, den 15. November 2018, verstarb in Brixen im 91. Lebensjahr Hw. Dr. Josef Tscholl. Er wurde am 16. Februar 1928 in Dorf Tirol geboren und am 10. Oktober 1954 in Rom zum Priester geweiht. Zwischen 1955 und 1958 wirkte er als Kooperator in Partschins und Leifers. Von 1958 bis 1964 war er als Professor am Priesterseminar in Trient tätig. Anschließend wirkte er bis 1993 als Professor für Philosophie an der Philosophisch–Theologischen Hochschule in Brixen. Im Jahr 1993 wurde Tscholl von seinem Auftrag als Professor entbunden. Neben seiner Lehrtätigkeit war Prof. Tscholl engagiert in Heimatpflege sowie in Natur- und Umweltschutz. Nach jahrzehntelangem Sprachenstudium beschäftigte er sich eingehend mit dem Südtiroler Dialekt in Literatur, Medien und Alltag. Im Jahr 2005 wurde ihm für sein Lebenswerk das Verdienstkreuz des Landes Tirol verliehen.
Luis Zagler, Theaterautor und Dramatiker: Besonders stolz ist man im Dorf auf seinen erfolgreichen Drammatiker und Kulturschaffenden Luis Zagler. Sein erstes Theaterstück schrieb Zagler bereits mit 17 Jahren, das damals uraufgeführt und vom Bayerischen Fernsehen verfilmt wurde. Dann begann er sein Studium in vergleichende Weltliteratur und Komposition und wurde zweimal mit dem Österreichischen Staatsstipendium ausgezeichnet.
In den darauffolgenden Jahren feierte er große Erfolge mit Uraufführungen seiner Theaterstücke wie „Brot“, „Die Karrner“ und „Die Erbinnen“. Er nahm mit seinen musikalischen Töchtern Michaela und Elisa En Alena mehrere CDs auf.
2017 gründete er die Schlossfestspiele auf Schloss Tirol, wo noch im selben Jahr sein auf eine wahre Begebenheit beruhendes Drama „Die Verfolgten“ mit Erfolg uraufgeführt wurde. 2018 gründete Luis Zagler die Meraner Festspiele und brachte im selben Jahr auf Schloss Winkel in Obermais die Erstaufführung seines Dramas „Die Erbinnen“ auf die Bühne. Im Juli 2019 zeigten die Meraner Festspiele zum Anlass des Gedenkjahres „100 Jahre Südtirol“, „100 Jahre Teilung Tirols“ die Uraufführung „Die Präsidenten“.
von Philipp Genetti