Die Gemeinde Marling ist innovativ unterwegs: Die Umgestaltung des Rathauses, die Nominierung eines neuen WeinKultur-Botschafters, die Eröffnung einer Elektroladestation und die Entwicklung einer Fahrrad-Strategie sind nur einige der innovativen Projekte, die anstehen. Fragen an den Bürgermeister.
Herr Mairhofer, in Ihrer Gemeinde hat sich wieder einiges getan. Ein beachtliches Projekt ist die Sanierung des Rathauses.
Die Rathaussanierung geht trotz anfänglicher Verzögerungen gut voran. Es handelt sich hierbei um eine Totalsanierung mit einem Kostenaufwand von ca. 1,2 Mio Euro. Aus Brüssel erhält die Gemeinde im Rahmen eines EFRE-Projektes zur energetischen Sanierung ca. 900.000 Euro. Dabei legt die Gemeindeverwaltung großen Wert darauf, den ursprünglichen Charakter so gut wie möglich wiederherzustellen. Deshalb wurde auch nach historischen Aufnahmen gesucht und eine Untersuchung in Form einer Schichtentreppe durchgeführt, um festzustellen, welche Farbtöne ursprünglich verwendet wurden. Drei große Veränderungen gab es dabei: den aktuellen Stand wie man ihn heute kennt, eine Variante von 1980 und schließlich die Fassadengestaltung von 1911 mit Jalousien im „Tiroler Grün“, wie der Farbton genannt wird. Als Gemeindeverwaltung haben wir beschlossen, uns an die Gestaltung von 1911 anzulehnen.
Welche Geschichte hat das Rathaus?
Das Rathaus von Marling wurde im Jahre 1911 an der Stelle des alten Stalls und Stadels eines Versorgungshauses erbaut. Interessanterweise beherbergte das Haus neben der Verwaltung auch die Feuerwehrhalle, ein Schulzimmer, die Gemeindekanzlei, ein Musikzimmer, die Wohnung des Gemeindedieners, Gemeindepolizisten, Briefträgers, das Postamt und von 1946 – 57 sogar die Raiffeisenkasse.
Um das Rathaus herum liegt Marlings Dorfzentrum. Ein Knotenpunkt ist der Dorfplatz. Wie hat er sich entwickelt?
Der Dorfplatz hat sich in den vergangenen Jahren sehr gut entwickelt, dabei hat man versucht, den ursprünglichen Dorfplatzcharakter wiederherzustellen. Die Informationstafel vor dem Tourismusbüro wurde entfernt, damit wieder freie Sicht auf das Mehrzweckhaus besteht. Auch die Betontröge wurden entfernt, um mehr Platz zu schaffen. Sehr gut angenommen wird außerdem die „Pazeide“ (= alte Maßeinheit im Weinbau), eine Sitzgelegenheit, welche 8 Personen Platz bietet, mit WLAN und Licht ausgestattet ist und sowohl Windschutz als auch Sonnen- und Regenschutz bietet. Fahrradständer und eine Luftpumpe werden ebenfalls gerne angenommen. Zusätzlich informiert eine Panoramatafel über die Landschaft, und eine Weinpassage gibt Auskunft über die Marlinger Weinkultur. Auf dem Dorfplatz befindet sich außerdem eine öffentliche Toilette und seit kurzem ein Defibrillator für den Notfall.
Kulturell ist in Marling einiges los.
Hervorzuheben sind die Marlinger Kulturtage mit ihrem Kulturprogramm „MODUL (M“. Eines der diesjährigen Highlights war die Ausstellung der Werke von Erhard Kolarczyk, einem Marlinger Unikat und Querdenker. Aber auch zahlreiche andere Vereine haben immer wieder interessante kulturelle Projekte zu bieten. Zur großen Freude der Marlinger hat sich die als innovative Gaststätte „Im Kult“ wiedereröffnete, alte Seifenfabrik nahe der Einfahrt zur MeBo ebenfalls der Kultur verschrieben.
Mit der Marke „WeinKultur“ ist Marling seit geraumer Zeit medial anwesend. 2018 wurde der erste WeinKultur-Botschafter gewählt.
Auf Einladung des ersten Südtiroler WeinKultur-Botschafters 2018, Hans Terzer, traf sich die Wein-Kultur-Jury kürzlich zu einer Weinverkostung. Terzer war bereits mit 21 Jahren Kellermeister der Kellereigenossenschaft St. Michael/Eppan und gilt schon lange als Pionier der Weinwirtschaft. Die Einführung der Temperaturregelung im Keller, die knallharte Mengenreduzierung, das Umstellen auf Weißweinsorten, das Erschließen neuer Märkte und anderes machten die Kellerei unter seiner Führung zu einer der erfolgreichsten des Landes. Am 26. August traf sich die Jury, um den Südtiroler WeinKulturBotschafter 2019 zu nominieren. Eine Regel besagt, dass die ersten fünf Jahre kein Bewerber aus Marling sein darf. Die Preisverleihung erfolgt im Herbst dieses Jahres.
Ist die nahtlose Anbindung an den übergemeindlichen Fahrradweg der Bezirksgemeinschaft Burggrafenamt schon realisiert?
Die Arbeiten dazu schreiten gut voran und es wird nicht lange dauern, bis die Anbindung von Meran nach Lana erfolgt. Außerdem ist die Gemeinde Marling seit 2019 am Interreg-Projekt „PRO-BYKE-Grenzüberschreitende Radverkehrsförderung in Gemeinden“ der Bezirksgemeinschaft Burggrafenamt beteiligt und will dabei die Fahrradmobilität noch bewusster fördern. Dafür wurde das „PRO-BYKE Fahrrad-Team“ gegründet, das in den kommenden Monaten mit Experten der Bezirksgemeinschaft und dem Ökoinstitut Südtirol an einer Fahrradstrategie für Marling arbeitet.
Im Sinne der grünen Mobilität hat Marling eine Elektroladestation.
Wir haben auf dem neuen Parkplatz in der Dorfmitte eine Elektroladestation der neuen Generation in Betrieb genommen. Es stehen künftig zwei Parkplätze für Elektroautos zur Verfügung. Informationen dazu sind beim Tourismusbüro erhältlich.
Zur Lebensqualität einer Gemeinde gehört auch ein Glasfasernetz. Wie weit ist dieses ausgebaut?
Da sind wir auf einem guten Weg. Der Pop-Raum, die sogenannte Schaltzentrale für das Netzwerk, ist bereits fertiggestellt. Ein Großteil der Infrastrukturen ist auch schon verlegt und ein großer Prozentsatz an Fasern eingeblasen. Nun hoffen wir, dass es nicht mehr allzu lange dauert, bis das schnelle Internet Realität wird.
Beliebte Ausflugsziele sind der Marlinger Berg, der vom Tal bis zum Vigiljoch reicht, und der Wanderweg „Marlinger Waal“, der auf der Töll startet und bis Lana geht.
Der Marlinger Waalweg wurde vor über 260 Jahren als Bewässerungsanlage für die Marlinger Landwirte angelegt und ist heute nach wie vor in Betrieb. Ein großes Anliegen der Gemeindeverwaltung ist es, den Waalweg sauber zu halten und die verschiedenen Objekte des Wander- und Themenweges zu pflegen. Dazu werden regelmäßig Kontrollgänge gemacht, um den Wanderweg von Hundekot und anderem Abfall zu säubern. Besonders stolz sind wir auf die zahlreichen sauberen öffentlichen Toiletten, welche den Wanderern zur Verfügung stehen.
Ein Aushängeschild ist die junge Bergläuferin Veronika Hölzl, die im vergangenen Jahr im Mannschaftswettbewerb der U18 Italien- bzw. Weltmeisterin wurde. Welche Tradition hat der Vereinssport in Marling?
Der Vereinssport hat eine lange Tradition. Der Tischtennis Klub TTK Marling Raiffeisen ASD besteht seit über 25 Jahre und spielt aktuell in der Serie C1, der 3. Liga Italiens. Weitere Sportarten, wie Fußball, Volleyball, Radsport, Wintersport, Fischer, Tennis, Karate, Badminton und Tauchen werden vom Amateursportverein ASV Marling betreut. Der Fußballklub ASV Tscherms/Marling krönte sich im Mai dieses Jahres mit dem Meistertitel. Mit insgesamt 15 Siegen und 3 Unentschieden blieb die Mannschaft in der Saison 18/19 die einzige ungeschlagene in ganz Südtirol. Aber auch die Sektion Karate des ASV Marling blickt auf ein erfolgreiches Jahr zurück. So holte sich Renate Brugger bei der diesjährigen Karate-Weltmeisterschaft in Bratislava Gold in der Meisterklasse.
Das Vereinshaus steht für die rege Vereinstätigkeit in der Gemeinde.
Die Vereine genießen in der Gemeinde einen hohen Stellenwert. Ein Dorfleben ohne Vereine wäre praktisch unvorstellbar. Mit größeren Investitionen sind Vereine meist überfordert, weshalb wir sie gerne finanziell unterstützen. Für die laufenden Ausgaben müssen die Vereine selbst aufkommen. In der alten Feuerwehrhalle werden deshalb Räume und Lager für verschiedene Vereine errichtet: Schützen, Bauernjugend, Bäuerinnen, Circolo Culturale, Alpini, Terzenbühne, Alpenverein.
Anlässlich der kommenden Gemeinderatswahlen 2020 wagen wir einen Blick in die Zukunft.
Ein Großprojekt stellt der Bau eines Seniorenheimes dar. Es wird eine große Herausforderung für die Gemeindeverwaltung und für die Bevölkerung. Aber auch die unterirdische Verlegung der Stromleitungen muss erst gestemmt werden. Ansonsten hat sich die Verwaltung vorgenommen, keine Großprojekte mehr in Auftrag zu geben. In knapp einem Jahr sind Wahlen und man möchte die neue Verwaltung nicht planerisch bzw. finanziell belasten. Zudem steht es mir nicht zu, mich über Zukunftspläne zu äußern, dazu hatte ich in den vergangenen 15 Jahren Gelegenheit. Nach den Wahlen werde ich mich politisch zurückziehen und mich bis zur Pensionierung wieder voll dem Lehrberuf widmen.
von Philipp Genetti