Im italienischen Steuerrecht gab es bis 2019 die Anomalie, dass Vermieter die Mieterlöse zu versteuern hatten, auch wenn der Mieter die Miete, warum auch immer, nicht bezahlt hatte. Der Vermieter musste unabhängig von der effektiven Bezahlung die Mieteinnahmen besteuern, auch wenn der Mieter die Zahlungen ausgesetzt hatte. Von der Besteuerung befreit war der Vermieter erst, wenn das gerichtliche Verfahren zur Räumung des Mietlokals aufgrund der Säumigkeit des Mieters abgeschlossen war. Dies konnte oft ein sehr langer Zeitraum sein, aufgrund der langsamen Gerichtsverfahren.
Neben der Besteuerung der nicht kassierten Miete hatte der Vermieter noch den Nachteil, dass er auch noch die Kosten zu tragen hatte, um gegen den säumigen Mieter vorzugehen – eine doppelte Bestrafung für den Vermieter! Mit dieser Anomalie ist nun ab 2020 Schluss. Eine entsprechende Gesetzesänderung wurde 2019 durch das Wachstumsdekret eingeführt und gilt nun für die Mietverträge, welche ab 2020 abgeschlossen werden.
Die Besteuerung des Vermieters wird nun wesentlich früher gestoppt, und zwar sobald das fehlende Inkasso der Mieten durch eine Räumungsklage aufgrund von Säumigkeit oder aufgrund eines ausgestellten Zahlungsbefehls nachgewiesen wird. Es ist davon auszugehen, dass die Besteuerung konkret ab dem Moment der Zustellung der Räumungsklage oder des Zahlungsbefehls an den säumigen Mieter aufgehoben ist. Somit gewinnen die Vermieter nun zwischen 3 und 9 Monate wertvolle Zeit, in der sie die Besteuerung einstellen können. Die neue Regelung gilt nur für Mietverträge von Immobilien, die für Wohnzwecke gelten.
Die nicht erhaltenen Mieteinnahmen zwischen der letzten regulären Zahlung und der Zustellung der Räumungsklage oder des Zahlungsbefehls muss der Vermieter weiterhin besteuern. Nach gerichtlicher Feststellung der Säumigkeit und Abschluss des Räumungsverfahrens steht dem Vermieter allerdings ein Steuerguthaben in Höhe der Steuern der vormals nicht kassierten aber besteuerten Mieteinnahmen zu. Im Normalfall erfolgt dies spätestens in der darauffolgenden Steuererklärung nach Erklärung und Besteuerung der nicht kassierten Mieteinnahmen. Ein riesiger Fortschritt im Vergleich zur „alten“ Regelung!
Walter Gasser | Kanzlei Gasser Springer Perathoner, Eder & Oliva