Wenn Sie die Einsamkeit lieben, abseits vom großen Touristenrummel, dann ist diese Wanderung genau das Richtige: stille Wege, muntere Bächlein, ein verträumter, kleiner See… und die Alm am „Ende der Welt“.
Ein herrlicher Tag im Juni! Wir steigen an der Haltestelle Schneebergbrücke aus, gehen einige Schritte zurück und entdecken sofort an der Bergseite der Straße Stufen, die über die Böschung führen, sowie die ersten Hinweisschilder.
Immer auf Markierung 31
Der Steig schlängelt sich über eine Wiese und in den Wald. Bald kommen wir zum Forstweg, den wir kurz entlanggehen. Zur Linken finden wir an der Felswand ein mächtiges Kreuz, liebevoll mit Blumen geschmückt. Jene Männer, die früher im Winter den oft tiefverschneiten und gefährlichen Weg bergan stiegen, um im Knappendorf Schneeberg Milch und Fleisch zu verkaufen, stellten dieses Kreuz auf als Dank für die Bewahrung vor den Lawinen und gleichzeitig als Bitte. Wir queren den Forstweg zwar immer wieder, finden aber jeweils auch die abkürzenden Wandersteige.
Wo einst die Knappen schufteten
Wir müssen durch ein Gatter über eine Brücke, dann wird es kurz steiler. Wir bleiben immer auf der Markierung 31, und nach rund eineinhalb Stunden ab unserem Start erreichen wir den Fuß des Schneebergs mit seinen zahlreich aufgeworfenen Geröllhalden; es ist das tote Gestein, das aus den Stollen transportiert und hier angehäuft wurde. Beeindruckend sind das steinerne Turbinenhaus und die steile Erzförderanlage. Den Schneeberg hatten wir bereits besucht, diesmal haben wir ein anderes Ziel. So überqueren wir das Seemoos an der rechten Seite und finden auch bald die wegweisenden Steine mit dem Knappenzeichen.
Mittagsrast und Knappensteig
Für heute haben wir den höchsten Punkt erreicht, und jenseits des kleinen Sees gibt es genug ruhige Plätzchen, um unseren Rucksack auszupacken und uns zu stärken. Dann wandern wir den mit dem Knappenzeichen markierten Steig bergab. Nun umfängt uns große Einsamkeit. Wo ein Steig rechts zu einem ebenen Plätzchen hin abzweigt, wandern wir links nun etwas steiler hinunter, bis wir das Bächlein überqueren. Gleich darauf kommen wir an einer Hütte vorbei und hinunter, zum Karlstollen. Dort ist auch eine schöne Aussichtsbank, eine kleine Trinkpause ist angesagt. Nun geht es zurück, geradeaus und etwas tiefer überqueren wir wieder den Bach. Wir wandern kurz durch den Wald und erreichen bald den Weg, auf dem wir morgens aufgestiegen sind.
Ins namenlose Tal
Aufmerksam geht es bergab, damit wir die nächste Abzweigung nicht verpassen. Es ist keine Alpenvereinsmarkierung, ein einfaches Holzschild weist auf die Untere Gostalm. Diesem folgen wir nun. Erst eben, unterhalb eines Zauns, dann kurz hinunter bis zum Bach und, ohne ihn nochmals zu überqueren, diesem entlang abwärts bis zu einem Gehöft. Nun scharf nach links, über einen bescheidenen Brückensteg. Jetzt geht es in fast ebener Wanderung in das Tal hinein, das keinen Namen hat. An einer weiteren Hütte vorbei, nochmals über ein Bächlein, und dann kommen wir zum breiten Forstweg, der die letzten Meter zur Unteren Gostalm führt.
Die Schenner Alm
So wird sie meist von den Einheimischen genannt, denn noch zu Zeiten von Kaiserin Maria Theresia konnten die armen Rabensteiner die Pacht dafür nicht mehr bezahlen, und so ging alles in den Besitz der bedeutend wohlhabenderen Bauern aus Schenna über. So wenigstens wurde mir erzählt. Hier gibt es Speis und Trank und viel Ruhe. Denn hier scheint die Welt zu Ende zu sein. Kein markierter Steig führt weiter, nur Hirten und Jäger wissen Bescheid und wagen sich wohl auch auf die nahe Zirmeidspitze, auf die eindrucksvollen Ratschinger Weißen oder den Pfausis. Nach einer gemütlichen Rast wandern wir über den Forstweg talaus und kommen knapp unterhalb der Schneebergbrücke zur Straße. Nun noch kurz hinauf zur Bushaltestelle mit einem dankbaren Herzen und müden Beinen!
info
Anfahrt: Mit dem Bus nach St. Leonhard im Passeiertal, dort weiter mit dem Ötztaler Bus, der nach Obergurgl fährt, bis zur Schneebergbrücke. Kurz unterhalb der Brücke sind einige Parkmöglichkeiten für Autos.
Ausgangspunkt: Schneebergbrücke (1706 m)
Höchster Punkt: Seemoos (2108 m)
Ziel: Untere Gostalm (1854 m)
Gehzeiten: insgesamt rund 4 bis 4 ½ Std. Schneebergbrücke > Seemoos:
1 ½ Std. > Untere Gostalm (1856 m)
2 Std. > Schneebergbrücke: 30 Minuten
Beste Zeit: Sommer, Herbst, bis zum ersten Schneefall
von Christl Fink