Wer in Meran aus dem Krankenhaus kommt, steht einer Reihe von bekannten Musikern gegenüber. Zumindest wenn man die Straßennamen betrachtet: Mozart, Haydn, Puccini, Donizetti, Zandonai und – Protagonist dieser Straßengeschichte – Rossini.
Als Rossini in London bei einer reichen Engländerin zum Essen eingeladen war, enttäuschten ihn die kleinen Portionen. Etwas später verabschiedete er sich, und die Gastgeberin sprach ihre Hoffnung aus, dass er bald wieder mit ihr speisen werde. Rossini verneigte sich freundlich und meinte: „Wenn es Ihnen recht ist – sofort.“ Dies ist nur eine von zahlreichen Anekdoten, die sich um den italienischen Musiker ranken. Ob er, wie oft behauptet, die Tournedos à la Rossini wirklich selbst erfunden hat, ist eher unwahrscheinlich. Ein ausgesprochener Gourmet war er auf alle Fälle.
Ein Leben als Musiker
Gioachino Rossini wurde am 29. Februar 1792 in Pesaro, damals noch Teil des Kirchenstaates, geboren. Der Vater war Hornist, die Mutter Sängerin, das musikalische Talent war ihm in die Wiege gelegt. Als Kind lernte er Violine und Cembalo spielen, auch mit seiner Gesangsstimme bewies er enormes Potential. Wäre es nach seinem Onkel gegangen, hätte man die schöne Sopranstimme durch eine Kastration erhalten. Doch seine Mutter wehrte sich vehement gegen diesen Vorschlag, wofür ihr der Sohn später dankte. Sein erstes Werk entstand im Alter von zwölf Jahren, auch mehrere Opern komponierte er früh. Verheiratet war Rossini mit der Spanierin Isabella Colbran, einer der berühmtesten Sängerinnen ihrer Zeit. Einige Jahre bekleidete er die Stelle als Hofkomponist und königlicher Generalintendant in Paris. Dort starb er 1868 nach einer Darmoperation. Mit seinem „Barbier von Sevilla“, den er mit 23 Jahren komponierte, schuf er eine der großen und am häufigsten aufgeführten Opern der Musikgeschichte.
Meisterwerk mit Schwierigkeiten
Die meisten seiner 39 Opern entstanden, wie damals häufig, unter großem Zeitdruck. Den „Barbier“ schrieb er für die Karnevalssaison 1816 in Rom – mit zahlreichen Komplikationen. Mitte Jänner stand er noch ohne Libretto da, der Abgabetermin war aber schon am 5. Februar. In weniger als drei Wochen, er selbst sprach von 13 Tagen, stellte er sein Werk fertig. Dafür verarbeitete er frühere Kompositionen, sogar die Ouvertüre war nicht neu. Er hatte sie bereits zwei Mal verwendet: im wenig erfolgreichen „Aureliano in Palmira“ und in „Elisabetta regina d’Inghilterra“. Die Uraufführung des „Barbiers“ war dann ein spektakuläres Fiasko. Eine Gitarre war verstimmt, ein Sänger stolperte und fiel auf sein Gesicht, eine Katze lief über die Bühne und das Publikum pfiff. Doch schon die zweite Aufführung erhielt großen Beifall. Von da an trat das Werk seinen Siegeszug an und versetzte Europa geradezu in einen Rossini-Rausch. Er selbst zog sich mit kaum 40 Jahren weitgehend ins Privatleben zurück und komponierte nur mehr sporadisch, zum Beispiel heute kaum bekannte Klavierstücke mit ironischen Titeln wie „Gefolterter Walzer“, „Asthmatische Etüde“ oder „Fehlgeburt einer Polka-Mazurka“. Obwohl von Depressionen geplagt, versuchte der für seinen humorvollen Charakter bekannte Rossini an der Seite seiner zweiten Frau das Leben und vor allem das Essen zu genießen: „Ich gebe gar nichts auf das Recht auf Arbeit, halte es vielmehr für das größte und köstlichste Recht des Menschen, nichts zu tun.“
Christian Zelger