„Aus der lehrerbildungsanstalt schwirren frisch gemachte maedchen um das ganze land schulisch zu bereichern“. So steht es im berühmten Stadtporträt von Meran des Brixner Schriftstellers Norbert Conrad Kaser. Im Herbst 1945 wurde in Meran nach Faschismus und Krieg die erste deutschsprachige Lehrerbildungsanstalt wiedereröffnet. Heuer feiert die Schule ihr 75-jähriges Bestehen, allerdings nicht mehr als LBA.
Die faschistischen Machthaber schlossen im August 1924 die deutsche Lehrerbildungsanstalt in Bozen mit der Begründung: „Dieses bisher in deutscher Unterrichtssprache beibehaltene Institut erweist sich als überflüssig, weil die fremdsprachigen Volksschulen sich nach und nach in italienische umwandeln müssen. Andererseits sind die Vorbereitungen zur Errichtung eines italienischen Gymnasiums-Lyzeums in Bozen anstelle der Lehrerbildungsanstalt im Gange.“ Damit war eine Lehrerausbildung in deutscher Muttersprache unterbrochen.
Erster Sitz bei den
„Englischen Fräulein“
Im Herbst 1945 konnte die Lehrerbildungsanstalt in Meran neu errichtet und im Haus der Englischen Fräulein am Sandplatz untergebracht werden. Die Schule begann am 5. November mit dem Eröffnungsgottesdienst in der Kirche der Englischen Fräulein. Groß waren die anfänglichen Schwierigkeiten: Mangel an Schulmöbeln, Medien, Schulbüchern, ja sogar an Lebensmitteln. Besonders die Maturaklasse war herkunfts-, vorbereitungs- und altersmäßig bunt zusammengewürfelt. Obwohl die Schülerzahl wuchs, konnte der Bedarf an Volksschullehrern im Land nicht gedeckt werden. Deshalb wurde intensiv für den Lehrerberuf als „einen der schönsten, wenn auch sauersten Berufe“ geworben. Dabei beklagte man auch den Mangel an männlichem Nachwuchs, denn es sei wichtig, dass es „mindestens einen Lehrer je Gemeinde“ gebe. Das Ungleichgewicht zwischen Buben und Mädchen blieb bestehen, so waren z. B. 1990 85 % der Schulbesucher Mädchen.
Die neue LBA in der Galileistraße
Da die Räumlichkeiten allmählich zu klein wurden bzw. den Anforderungen nicht mehr entsprachen (Fehlen von Spezialräumen, einer Turnhalle …), planten die Verantwortungsträger ab 1955 einen Neubau der Schule. 1960 genehmigte der Meraner Gemeinderat das von Arch. Willy Gutweniger und Ing. Carlo Deflorian vorgelegte Projekt für die Errichtung eines Gebäudes für die LBA in der Galileistraße. Der Baubeginn verzögerte sich bis Sommer 1962. Nach zweijähriger Bauzeit konnte der Schulbetrieb im neuen Gebäude aufgenommen werden. Die Einweihung erfolgte am 6. Mai 1965 durch Bischof Joseph Gargitter in Anwesenheit zahlreicher Ehrengäste, darunter Landeshauptmann Silvius Magnago, Schullandesrat Anton Zelger, Vizeschulamtsleiter Fritz Ebner, Merans Bürgermeister Luigi E. Volante, Vizebürgermeister und Schulassessor Anton Achmüller. 1968 erhielt die Schule den Namen „Josef Ferrari“ nach dem ersten Vizeschulamtsleiter, der sich um den Aufbau der deutschen Schule im Land und besonders um die Ausbildung der Volksschullehrer große Verdienste erworben hatte. Die Schule wuchs schneller als gedacht. In den 1970er Jahren mussten mehrere Klassen außerhalb des Hauses unterrichtet werden. 1974 kam je eine Außenstelle in Brixen und Bruneck dazu. Diese wurden 1976 bzw. 1978 selbständige Anstalten. Um die angehenden Grundschullehrer für ihren Beruf besser auszubilden, sie neben der Vorbereitung auf den Lehrberuf auch für außerschulische pädagogische und soziale Berufsfelder zu sensibilisieren und ihnen die Fortsetzung ihres Studiums an einer Hochschule zu ermöglichen, wurde im Schuljahr 1986/87 der große Schulversuch „Fünfjährige Lehrerbildungsanstalt“ eingeführt. Parallel zum fünfjährigen Lehrgang musste auch noch der vierjährige Lehrgang angeboten werden, für den sich aber bald nicht mehr genügend Schüler meldeten. 1991 legten die letzten Schüler der vierjährigen LBA die Lehrbefähigungsmatura ab.
Viele prominente Schüler
Den 50. Geburtstag feierte die Schule am 16. November 1995 mit einem Festakt im Meraner Kursaal. „Die Gründung einer deutschen Lehrerbildungsanstalt wenige Monate nach Kriegsende war ein kulturpolitisches Meisterwerk des damals neu ernannten deutschen Vizeschulamtsleiters Josef Ferrari“, sagte Schuldirektor Andreas Stoll bei der Begrüßung der Festversammlung. Bischof Wilhelm Egger sowie die ehemaligen Schüler Landesrat Bruno Hosp, Schulamtsleiter Walter Stifter und der Meraner Bürgermeister Franz Alber gratulierten aus ihrer Warte zum Jubiläum. Die bekannte Marlinger Mundartdichterin Maridl Innerhofer, Maturantin des ersten Schuljahres, erinnerte sich in Gedichtform „an die schware und dechtersch wiedr guate Zeit“ zurück. So richtig mit Farbe und Leben erfüllten die Feier aber die Einlagen der Schüler mit ihren Lehrern. Viel Beachtung fand die Festschrift, die das Leben der Schule in Vergangenheit und Gegenwart beleuchtet.
Von der LBA zum Pädagogischen Gymnasium
Da die Ausbildung der Grundschullehrer an die Universität verlegt wurde, verlor die Schule ihre primäre Aufgabe als Ausbildungsstätte für Grundschullehrer und wurde mit Beginn des Schuljahres 1998/99 in ein „Pädagogisches Gymnasium“ umgewandelt, in eine allgemeinbildende Oberschule mit den Schwerpunkten „Sozialwissenschaften“, „Musik“, „Kunst und Musik“. Die bereits eingeschriebenen Schüler des fünfjährigen Schulversuchs konnten ihre Ausbildung abschließen. 2002 erhielten die letzten Maturanten die Lehrbefähigung für den Unterricht in der Grundschule. Die Bezeichnung „Lehrerbildungsanstalt“ verlor damit ihre Berechtigung. In den Jahren 2001 und 2002 wurde das Schulgebäude umfassend saniert und neu eingerichtet, wobei auch das angrenzende Gebäude der ehemaligen Berufsschule in den Umbau integriert wurde. In einer Feierstunde erinnerte die Schule am 16. April 2008 (50. Todestag) an ihren Namensgeber Hochwürden Josef Ferrari.
Sozialwissenschaftliches Gymnasium
2011 wurde das Pädagogische Gymnasium in ein Sozialwissenschaftliches Gymnasium mit vier Fachrichtungen umgewandelt und mit dem Humanistischen Gymnasium „Beda Weber“ unter dem Namen „Gymnasien Meran“ zusammengeschlossen. Folgende Direktoren haben die Schule geleitet und weiterentwickelt: Anton Schmalzl (1945 – 1959), Oswald Sailer (1959 – 1962), Siegfried Posch (1962 – 1976), Karl Leimgruber (1976 – 1984), Andreas Stoll (1984 – 2002), Anton Ladurner (2002 – 2010), Martin Holzner (2010 – 2019) und Martina Rainer (2019 -).
Sepp Pircher