Erstmals 1674 urkundlich erwähnt, ist dieses Archiv eines der bedeutendsten landesweit und für die Aufbewahrung der geschichtlichen Bestände der Stadt Meran zuständig.
Waren das Archiv des Stadtrates und des Gerichtes im Mittelalter noch getrennt aufbewahrt, so wurden sie später zusammengeführt und 1894 in der Landesfürstlichen Burg untergebracht. Im Jahr 1898 beauftragte der Stadtmagistrat den Archivar des Innsbrucker Statthalterei-Archivs Karl Moeser mit der Neuordnung des Meraner Archivs. In einem Bericht von 1901 wurde die Neuordnung d. h. die Neueinteilung des Materials in drei großen Gruppen vorgenommen: Dokumente, Kodices und Akten. Diese Unterteilung wird noch heute aufrechterhalten. 1908 wurde ein Komitee für das Archiv und die Landesfürstliche Burg gegründet, das alle Angelegenheiten betreffend das Stadtarchiv, das Stadtmuseum und die Landesfürstliche Burg verwalten sollte. Nach dem ersten Weltkrieg wurde der Direktor des Bozner Staatsarchivs Antonio Zieger beauftragt, verschiedene Akten (darunter auch bayerische Verwaltungs- und Gerichtsakten) von Innsbruck nach Meran und ins Bozner Staatsarchiv zu bringen. 1938 wurde ihm zudem die Leitung des Meraner Stadtarchivs übertragen. Ziegers Arbeit wurde durch den Ausbruch des zweiten Weltkrieges und wegen der Verlegung der Archivbestände aus Sicherheitsgründen nach Schloss Schenna, unterbrochen. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde der Leiter des Bozner Staatsarchivs Ferruccio Bravi mit der Inventarisierung beauftragt. Es folgten circa 20 Jahre Dornröschenschlaf fürs Stadtarchiv bis dann 1994 beschlossen wurde einen neuen Archivar zu beauftragen und das Stadtarchiv in einem geschichtsträchtigen Gebäude der Altstadt unterzubringen, das im „Theresianischen Kataster“ als „Fuchsisches Amtshaus“ eingetragen war. Etwa von 1780 bis 1858 gehörte das Gebäude der Familie von Schneeburg und wurde später in den Sitz des Widums umgestaltet. Der von der Stadtgemeinde erworbene historische Teil des Gebäudes, der direkt ans Widum der Pfarrkirche St. Nikolaus grenzt, beherbergt seit 1996, in modern eingerichteten Räumen, das Stadtarchiv und seit 2004 auch die Verwaltung des Stadtmuseums. Elmar Gobbi ist seit mehr als 20 Jahren Direktor des Stadtarchivs und des Stadtmuseums, Abteilung V der Gemeinde Meran, die für Bildung, Kultur und Sozialwesen zuständig ist. Dabei stehen ihm für die Tätigkeit im Stadtarchiv 3 Mitarbeiter zur Seite und weitere 3 Mitarbeiter für spezifische Projekte, allerdings sind letztere zeitlich befristet angestellt.
Welche Dokumente sind besonders wichtig und wie viele Unterlagen gehören zum Stadtarchiv?
Elmar Gobbi: Unser Archiv umfasst zahlreiche Sammlungen wertvoller, mittelalterlicher Urkunden und Dokumente, alter Schriften und Bücher, Protokolle und Urkunden, Einwohnerregister und Akten öffentlicher Gebäude und Einrichtungen aber auch Pläne und gerichtliche Unterlagen sowie Rechnungen aus der Verwaltungstätigkeit der Gemeinde der vergangenen Jahrhunderte.
In unseren Programmen wurden inzwischen mehr als 40.000 Karteikarten eingegeben. Wenn man bedenkt, dass sich in manchen dieser Ordner tausende von Dokumenten befinden, in anderen aber nur eine Hand voll, so ist es schwierig eindeutig zu sagen wie viele Akten sich bei uns befinden.
Besonders hervorzuheben sind die Notariatsimbreviaturen. Sehr vereinfacht gesagt, geben diese Auskunft über alle Rechtsgeschäfte die über einen Notar abgeschlossen wurden. Viel konsultiert werden die Baupläne, wobei im Stadtarchiv nur die Pläne der öffentlichen Bauten zu finden sind während jene der Privatbauten alle im Rathaus aufbewahrt werden, da sie nach wie vor für Bautätigkeiten benötigt werden. Ein wichtiger Bestand sind die Urkundenreihe mit fast 1500 Dokumenten, die mit dem Jahre 1266 beginnt und bis ins 16. Jahrhundert reicht. Eines der kostbarsten Dokumente ist die von Heinrich König von Böhmen und Graf von Tirol erlassene Ordnung der Stadt Meran, die aus dem Jahre 1317 stammt und Vorschriften für den Handel, das Gewerbe und die Rechtsprechung enthält.
Wer nimmt Einsicht in die historischen Dokumente?
Bei uns melden sich vor allem Chronisten, Historiker und Ahnenforscher aber auch Techniker, Ingenieure und Architekten, die Immobilien-Vorgeschichten zu öffentlichen Bauten suchen. Das Stadtarchiv möchte Anlaufstelle für alle historisch Interessierten sein. Besonders wichtig ist uns dabei die Förderung der Jugend, weshalb Schulklassen gerne gesehen werden und bei uns Führungen und Workshops zur Geschichte unserer Stadt bekommen können. In unserem Archiv melden sich jährlich um die 500 Personen. Zudem gibt es einmal im Jahr einen Tag der offenen Tür. Unsere Bestände können zwar nicht ausgeliehen werden, wohl aber vor Ort kostenlos und unter Einhaltung der Archivordnung eingesehen und auch kopiert werden.
Hat das Stadtarchiv Platz genug?
Da unser Archiv so umfangreich ist, mussten Teile des Bestandes im externen Depot des Museums untergebracht werden, weshalb über eine Erweiterung nachgedacht werden sollte.
Wie weit ist die Umstellung auf EDV fortgeschritten?
Mit den Digitalisierungsarbeiten wurde bereits 1996 begonnen und die meisten Bestände wurden in groben Zügen erfasst. Bis aber jedes einzelne Dokument eingegeben und digitalisiert ist wird es aufgrund der großen Datenmengen noch mehrere Jahre dauern, bis alles erfasst ist.
Führt das Stadtarchiv auch genealogische Recherchen durch?
Nein, diese sind zu zeitraubend.
Wie ist die Zusammenarbeit mit anderen Museen?
Unser Stadtmuseum und das Stadtarchiv arbeiten zusammen, weil sie unter der gleichen Direktion stehen. Mit anderen Museen und Archiven gibt es nur wenig Austausch.
Wie finanziert sich das Stadtarchiv?
Das Stadtarchiv wird zu 99 % mit gemeindeeigenen Mitteln finanziert und etwa zu 1 % aus Gebühren und Eintrittsgeldern.
Die Öffnungszeiten des Stadtarchives sind von Montag bis Freitag von 8.30 bis 12 Uhr und donnerstags von 8.30 bis 13und von 14 bis 17.30 Uhr.
Wilfried Mayr