Nicht jeder bedeutende Namengeber bekommt gleich eine prachtvolle Allee. Johannes Haller zum Beispiel war Erzbischof von Salzburg und Kardinal. Die nach ihm benannte Straße ist ein kleiner Weg an der Grenze zur Fraktion Quellenhof der Gemeinde St. Martin in Passeier.
Was macht man, wenn ein katholischer Bischof immer wieder mit nicht genehmen Aktionen auffällt? Man könnte ihn aus der Kirche ausschließen. Oder man versetzt ihn in ein Bistum, das nicht mehr existiert. Davon gibt es ungefähr 2000. Die meisten von ihnen befinden sich in Ländern, die von Muslimen erobert und deshalb aufgegeben wurden.
Seit der französische Geistliche Jacques Gaillot 1982 zum Bischof geweiht worden war, fiel er mit seinen Aktivitäten auf. Er sympathisierte mit den Palästinensern, setzte sich für die Priesterweihe verheirateter Männer ein und protestierte gegen Einwanderungsgesetze. 1995 wurde er schließlich abgesetzt und zum Titularbischof von Partenia ernannt – eine ganz besondere Versetzung. Partenia liegt in Algerien und wurde als Bischofssitz schon vor 1500 Jahren verlassen. Heutige Anzahl der christlichen Schäfchen: null. Aber Gaillot hatte eine Idee. Im Internet ließ er die untergegangene Diözese unter www.partenia.org wieder aufleben, publizierte dort seine Texte und kommunizierte von seiner Klosterzelle in Paris aus mit Menschen in aller Welt. Man muss aber weder nach Frankreich noch nach Strafversetzungen schauen, wenn man einen Titularbischof sucht. Auch Johannes Haller aus St. Martin in Passeier trug einen solchen Titel: Er war Bischof von Adraa, einem Ort im heutigen Syrien an der Grenze zu Jordanien.
Steile Karriereleiter
Johannes Evangelist Haller wurde am 30. April 1825 auf dem Greinwaldhof in Außerried oberhalb von Saltaus geboren. Seine Eltern waren der Landwirt Johann Haller und dessen Frau Anna Sprenger. Nach dem frühen Tod ihres Mannes – Sohn Johannes war da erst drei Jahre alt – musste sie als Wäscherin arbeiten, um ihren Söhnen eine Schulbildung zu ermöglichen. Johannes nutzte diese Möglichkeit bestens.
Nach seiner Ausbildung in Meran, Innsbruck und Trient wurde er zum Priester geweiht und wirkte als Kooperator in Moos und Sarnthein, später als Pfarrer in Lajen. In den darauffolgenden Jahren kletterte er trotz mancher Widerstände die Karriereleiter weiter nach oben. Er wurde zum schon erwähnten Titularbischof von Adraa ernannt, später zum Dompropst von Trient und nach weiteren Zwischenstationen 1890 schließlich zum Fürsterzbischof von Salzburg. Er war ein äußerst aktiver Geistlicher, wandte sich mit seinen Hirtenschreiben regelmäßig an die Gläubigen, ließ Kirchen bauen, war an der Neufassung des Katechismus beteiligt und förderte, mittlerweile sogar mit der Kardinalswürde ausgezeichnet, die Errichtung einer katholischen Universität in seinem Bistum. Er starb 1900 kurz vor seinem 75. Geburtstag und wurde in der Krypta des Salzburger Doms beigesetzt. Ihm zu Ehren wurde der Kardinal-Johannes-Haller-Weg benannt.
Kritik der Liberalen
Auch wenn man Haller nicht mit dem eingangs erwähnten Gaillot vergleichen kann – Haller war konservativ und linientreu – stieß auch er auf Widerstand. Bei Haller, der in der Bevölkerung durchaus beliebt war, ging die Kritik vor allem von der liberalen Presse aus. Im März 1876 schrieb die Bozner Zeitung, dass Haller in seiner Predigt „vom Hundertsten auf das Tausendste zu sprechen“ kam und es nicht unterließ, sie „mit Warnungen vor der schlechten Presse zu würzen“. Es sei doch seltsam, dass selbst einem Mitraträger kein besseres Thema einfalle, als die „Schelte und Hetze gegen liberale Blätter“. Von einem Bischof würde man sich mehr erwarten, als das, was die „fanatischen Sprudelköpfe“ der Kooperatoren allsonntäglich bieten. Man kann’s eben nicht allen recht machen.
Christian Zelger