Eigentum in Südtirol zu besitzen, ist begehrt - nicht nur bei Südtirolern selbst. Ob als Traum vom heimeligen Eigenheim oder hochwertige Kapitalanlage: Nachfrage und Preise haben in den letzten Jahren stark angezogen.
Von Jasmin Maringgele
Beinahe in ganz Europa stehen die Zeichen für die Immobilienmärkte seit Jahren auf Wachstum. Seit der Coronapandemie lässt sich eine deutliche Verschiebung der Kaufwünsche feststellen: Geräumigere Wohnmöglichkeiten nahe an Grünflächen und örtlichen Geschäften sowie eine gute öffentliche Anbindung an Arbeit und Schulen werden bevorzugt. Ein auffälliger Trend zur Stadtflucht und zu Freizeitwohnsitzen hin in ländlichere Gegenden ist vor allem bei Familien spürbar.
Es verwundert daher kaum, dass Südtirol am Immobilienmarkt sehr beliebt ist. Zahlungskräftige Investoren – insbesondere aus Deutschland und Italien – haben in den letzten zwei Jahren vermehrt in Südtiroler Immobilien angelegt. Die Gegend rund um Meran zählt mitunter zu den bevorzugten Anlageobjekten, was sich in stark gestiegenen Preisen für Baugründe und Immobilien widerspiegelt. Die Preise für bebaubare Grundstücke auf dem freien Markt haben sich in den letzten zehn Jahren nahezu verdoppelt. In begehrten Lagen liegt der Kubikmeterpreis zwischen 600 und 700 Euro. Während die Coronakrise vielfach zu einem massiven Preisverfall geführt hat, gehört der Immobiliensektor nicht dazu.
Der Preis für Wohn-immobilien hat in der Krise noch an Wert dazugewonnen. Gerade für viele junge einheimische Familien stellt sich allerdings die Frage nach der Finanzierbarkeit des erträumten Eigenheims. So rechnet die Verbraucherzentrale Südtirol vor, dass für eine Neubauwohnung im Wert von 400.000 Euro in etwa 120.000 Euro an Eigenkapital benötigt werden. Hinzu kommen Darlehenszinsen, Einrichtungskosten und ein finanzieller Puffer. Trotz des Hochgefühls am Immobilienmarkt sollten auch diese Faktoren miteinbezogen werden, wenn sich die Frage nach potenziellen Zukunftsaussichten stellt.
Florierender Immobilienmarkt
Ewald Rottensteiner ist Rechtsanwalt in Bozen und unter anderem auf Immobilienrecht spezialisiert. Im Gespräch erläutert er interessante Einblicke in die Südtiroler Immobilienwelt.
Die letzten zwei Jahre waren in vielerlei Hinsicht außergewöhnlich. Ist die Nachfrage nach Immobilien gestiegen oder gesunken – welche Gründe gibt es hierfür?
Zu Beginn der Pandemie nach dem ersten Lockdown erfuhr der Immobilienmarkt kurzzeitig einen Schock. Die Zuversicht stieg nach den Lockerungen und den Finanzspritzen wieder an, sodass der Markt wieder angezogen hat. Nach der Unsicherheit im Jahr 2020 war das Jahr 2021 eher von der Inflation gekennzeichnet. Das dürfte sich im heurigen Jahr fortsetzen. Viele haben zur Sicherung des eigenen Vermögens auf bewährte Investitionen gesetzt, darunter fällt auch der Ankauf von Immobilien. Das Interesse an einem Eigenheim und auch die niedrigen Zinsen führen zu einer erhöhten Nachfrage am Immobilienmarkt.
Was macht das abwechslungsreiche Burggrafenamt für einen Immobilienkauf attraktiv?
Ewald Rottensteiner: Der Immobilienmarkt im Burggrafenamt ist durch seine Lage beliebt. Die schnelle Anbindung der verschiedenen kleinen Ortschaften an Bozen und Meran erlaubt die Vereinbarkeit des Wohnens auf dem Land mit der Arbeit in der Stadt. Auch viele EU-Bürger entscheiden sich oft für eine Ferienresidenz im Burggrafenamt, da das Gebiet das ganze Jahr seine Vorzüge bietet. Das ganze Jahr über gibt es ein abwechslungsreiches Freizeitangebot. Das können andere Gegenden nicht bieten.
Gibt es Vorteile oder Besonderheiten, welche Südtirol aufweist und die es zu beachten gilt?
Ewald Rottensteiner: In Südtirol gilt das Grundbuchsrecht. Dadurch kann der Einzelne durch den Grundbuchsauszug Zugriff auf die wichtigsten Informationen der Immobilie erhalten. Im Gegensatz dazu gilt in den meisten Teilen Italiens ein Liegenschaftsregisteramt, ein Vertragsverzeichnis, das nach Personen gegliedert ist. Damit ein sicherer Kauf gewährleistet werden kann, muss jeder Kauf oder jede Übertragung in diesen Gebieten eingehend hinsichtlich der letzten 20 Jahre geprüft werden, denn dort haben auch Klauseln in einem hinterlegten Vertrag Drittwirkung. Im Grundbuchsrecht gilt die Eintragung bzw. die Einverleibung des Rechts durch den Grundbuchsrichter und auch besondere Klauseln müssen für die Drittwirksamkeit eigens eingetragen werden. Das Grundbuchssystem ist sehr transparent und erlaubt jedem den Zugriff.
Welche drei Punkte sind für Sie als Experte ausschlaggebend für den gelungenen Kauf einer Immobilie?
Ewald Rottensteiner: Bei einem Immobilienkauf ist das persönliche bzw. familiäre Bedürfnis die Grundlage, ob es sinnvoll ist, den Ankauf eines Eigenheims, einer Ferienwohnung oder einer Immobilie als Geldanlage anzustreben. Erst nach Klärung dieser Frage, sollte ein Kauf erwogen werden. Für die meisten stellt der Ankauf einer Immobilie ein finanzielles Lebenswerk dar. Aus diesem Grund ist die Finanzierung des Kaufprojekts von grundlegender Bedeutung. Die bisherigen Ersparnisse und die Einordnung der eigenen künftigen Leistungskraft sind die Grenzen einer jeden Investition.
Das Immobilienrecht ist mit zahlreichen Rechtsgebieten, wie dem Erbrecht, dem Familienrecht und dem Verwaltungsrecht und auch mit dem Ersitzungsrecht verbunden und daraus ergeben sich Verknüpfungen, die geprüft werden müssen. Eine Rechtsprüfung soll den Kaufinteressenten davor bewahren, eine Sache zu erstehen, auf der Rechte Dritter lasten und das Eigentumsrecht beschränken könnte bzw. eine gewünschte Verwendung der Immobilie verhindert.
Prognosen sind schwierig, aber gibt es eine Tendenz, wie sich der Immobilienmarkt 2022 entwickeln wird?
Ewald Rottensteiner: Eine Prognose ist sehr schwierig zu geben, doch hängt die Preisentwicklung an der Entwicklung der Zinsen. Die Notenbank will die Zinsen im Jahr 2022 nicht erhöhen, weshalb ich vermute, dass die Finanzierungsmöglichkeiten bestehen bleiben. Eine gut gelegene Immobilie ist durch die Inflationsgefahr ein Anker der Sicherheit. Daher gehe ich davon aus, dass der Immobilienmarkt im Jahr 2022 weiterwachsen wird.