Nach den Begebenheiten am Pragser Wildsee während der Osterfeiertage spricht sich Landesrätin Hochgruber Kuenzer für eine verstärkte Zusammenarbeit und den Ausbau der Umweltbildung aus.
Ein Dutzend Menschen sind in den vergangenen drei Tagen durch das Eis in das eisige Wasser des Pragser Wildsees eingebrochen, darunter ein Säugling. Damit bestätigt sich der Pragser Wildsee als eine der touristischen Destinationen, in der die Phänomene des touristischen Überbelastung (Overtourism) und des „Hit und run“ leider bestens beobachtet werden können. Die Öffentlichkeit erwartet sich bei solchen Vorfällen Antworten von der Politik, ungeachtet der Tatsache, dass der Bürgermeister von Prags, das Begehen des See-Rundweges verboten hatte. Ein Verbot, das weitgehend missachtet wurde. Die Ordnungs- und Sicherheitskräfte dürften ihre Kontrollen am Pragser Wildsee verstärken.
Die für Raumordnung und Landschaftsschutz und damit auch für die Naturparks zuständige Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer zeigt sich davon überzeugt, „dass das Thema nicht auf Kontrollen beschränkt werden kann, obwohl diese eine Notsituation sicher lindern“. „Wir haben es hier mit einem noch nie dagewesenen gesellschaftlichen Phänomen zu tun“, zeigt sich Landesrätin Hochgruber Kuenzer überzeugt, „Tausende von Menschen machen sich auch in dieser Jahreszeit nach Prags auf, um ein Selfie zu schießen und in den sozialen Medien zu veröffentlichen. Dabei kennen sie die Besonderheiten der Bergwelt nicht, in der sie sich befinden. Sie können die Gefahr eines zugefrorenen Sees im Frühjahr nicht einschätzen, obwohl die zahlreichen aufgetauten Stellen als offensichtliches Gefahrenzeichen zu erkennen waren. Es handelt sich um Menschen, die den Kontakt zur Natur verloren haben und damit auch die Fähigkeit, Gefahrensituationen wahrzunehmen; aber auch um Menschen, die Verbote außer Acht lassen, die zu ihrer Sicherheit getroffen wurden.“ Laut der Landesrätin bleibt die Frage immer die gleiche: Welche Entwicklung wollen wir für unser Land?
2018: 1,2 Millionen Menschen in vier Monaten am Pragser Wildsee
Das Netzwerk Entwicklung, nachhaltiger Tourismus und Mobilität der Stiftung Dolomiten UNESCO, das die Landesabteilung Natur, Landschaft und Raumentwicklung koordiniert, überwacht ständig die wichtigsten touristischen Hotspots im UNESCO-Weltnaturerbe Dolomiten. Demnach besuchten 2018, zwischen Juni und September, 1.215.540 Menschen den Pragser Wildsee, mit durchschnittlich 12.694 Menschen im August und einem Spitzenwert von 17.874 am 16. August.
Sowohl der Pragser Wildsee als auch die Drei Zinnen befinden sich in zwei der sieben Naturparks Südtirols. Die sieben Naturparks mit ihrem Netzwerk von sieben Besucherzentren und fünf Informationsstellen, das sich über das gesamte Landesgebiet spannt, spielen eine grundlegende Rolle in der Umweltbildung. Viele Initiativen sprechen besonders junge Menschen an, darunter zum Beispiel jene der Junior Ranger, die Wissen über die Lebensräume, Flora, Fauna und kulturellen Aspekte der Parks vermittelt. „Als Koordinationsstelle der UNESCO Dolomiten Welterbes arbeitet Südtirol mit verschiedenen Stakeholdern zusammen, auch mit Tourismusverbänden“, unterstreicht die Landesrätin, die das Projekt „Achtsam am Berg – Respect the mountain“ als Beispiel aufzeigt, wie ein Tourismus gefördert werden kann, der der Bergwelt achtsam und respektvoll begegnet.
Das Mobilitätsmanagement bezeichnet die Landesrätin in diesem Zusammenhang als wichtiges Instrument, sie spricht sich aber für „mehr Netzwerkarbeit“ aus. Es gelte Kooperationen zu stärken und eine immer noch sehr einseitige Sicht zu überwinden, um einerseits das Bewusstsein der Menschen zu schärfen und sie zu informieren, und andererseits eine breite Bewerbung bereits beliebter Destinationen wie des Pragser Wildsees oder der Drei Zinnen zu vermeiden“. Das müsse auch das Marketing berücksichtigen, betont Hochgruber Kuenzer, „sonst nähren wir einen Teufelskreis: Je öfter ein Ort fotografiert und das Bild geteilt wird, desto stärker steigt die Attraktivität dieser Destination, die viele weitere Menschen anzieht, die an diesem Hotspot gewesen sein wollen“. Die Forschung – wie jene des Netzwerkes für Entwicklung, Tourismus und Mobilität in Zusammenarbeit mit der Universität Ca‘ Foscari – belegt, dass der Massentourismus das individuelle Reiseerlebnis und die Urlaubsqualität erheblich verringert und Touristen enttäuscht nach Hause zurückkehren lässt. (red/jw)