Dorfentwicklung mit dem Bürgerrat

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Dorfentwicklung mit dem Bürgerrat

Mit dem neuen Dorfentwicklungskonzept „Schenna.Weiter.Denken“ setzt Bürgermeisterin Annelies Pichler gemeinsam mit vielen beteiligten  Schennerinnen und Schennern Akzente für die Zukunft.
von Philipp Genetti

Die BAZ im Gespräch über die aktuellen Vorhaben der Gemeindeverwaltung.

Frau Bürgermeisterin, welche Themen stehen in Schenna aktuell an?
Annelies Pichler: Aktuell sind wir in der Endphase bei den Vorbereitungen zur Sommerkinderbetreuung. Der Bedarf ist so groß, dass wir heuer Zusatzangebote schaffen mussten. Diese Angebote sind für unsere Familien und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf von größter Wichtigkeit. Außerdem errichten wir gerade eine neue Freizeitanlage. Einen Beachvolley- und ein Bolzplatz sowie neue Trainingsmöglichkeiten für unsere Sportvereine sind gerade im Bau. Das entspringt einem Wunsch vor allem unserer Jugend, der aus dem Projekt „SCHENNA.WEITER.DENKEN“ hervorgegangen ist. Im Bereich der Mobilität haben wir derzeit Probleme in der Abdeckung der Dienste im öffentlichen Nahverkehr, da muss unbedingt nachgebessert werden. Die straßenunabhängige Verbindung Meran-Schenna und Infrastrukturen für die Radmobilität bleiben für uns in diesem Bereich aber die zentralen Ziele. Im Weiteren bereiten wir uns aktuell auf die Umsetzung von Bauprojekten in den Wintermonaten vor.

Die Mobilität soll nachhaltiger werden?
Als Nachhaltigkeitsbeauftrage der Gemeinde gilt es, dieses Thema in den nächsten Monaten und Jahren ehrlich voranzutreiben, das ist alles andere als einfach, denn dazu gehört Nachhaltigkeit und Entwicklung in Einklang zu bringen und hierbei ist ein Umdenken in vielen Bereichen nötig. Letztlich geht es immer darum, unser Dorf und seine Menschen aktiv wahrzunehmen, Bedarf und Bedürfnisse zu erspüren und zu erfahren, den Schwächeren unserer Gesellschaft eine Stimme zu geben und den Gemeinschaftssinn zu fördern. Neid und Misstrauen bringen uns nicht weiter, es geht uns mehrheitlich gut, dafür sollten wir dankbar sein.

Wie steht es um die energetische Sanierung und Innenanpassung der Grundschule und die Errichtung einer Turnhalle mit Mensa?
Die energetische Sanierung und Innenanpassung der Grundschule werden im Schuljahr 2023/24 realisiert. Die Planungsarbeiten laufen zu unserer Zufriedenheit und in enger Abstimmung mit Vertretern der Schule. Parallel haben wir mit der Planung der Turnhalle begonnen, deren Realisierung nicht unmittelbar ansteht; die Finanzierung dieser großen Projekte – auch angesichts der steigenden Baukosten – muss abgesichert werden.

Welche weiteren Projekte stehen unmittelbar in Schenna an?
Im Winter verbreitern wir die Engstelle am Dorfeingang. Das Nadelöhr am Dorfeingang sorgt immer wieder für Verkehrsprobleme; es ist nun unser Ziel diese Stelle zu verbessern und dabei die Verkehrssicherheit zu erhöhen. Auch werden wir den Recycling­hof den aktuellen Erfordernissen anpassen.

Bürgermeisterin Annelies Pichler

Partizipation der Bürger ist Ihnen sehr wichtig. Das zeigte sich auch bei der Ausarbeitung des neuen Dorfkonzepts „SCHENNA.WEITER.DENKEN“. Was hat es damit auf sich?
In der breiten Diskussion können wir über unsere persönliche Ebene hinausblicken, weil wir gemeinsam auf das ganze Dorf schauen. Das schafft Identifikation und Transparenz. Natürlich wissen wir als Gemeinderat in vielen Dingen schon, wo man tätig werden muss. Zu hören, was die Dorfbevölkerung dazu meint und welche zusätzlichen Ideen und Meinung da sind, kann uns nur weiterbringen. Im besten Fall kommen wir zu neuen Lösungen, die von vielen mitgetragen werden. Im schlechtesten Fall müssen wir gut erklären, warum Dinge derzeit nicht nach Wunsch realisiert werden können. In jedem Fall wollen wir aber transparent und ehrlich arbeiten, damit die Entscheidungen aus der Gemeindestube von möglichst vielen mitgetragen und akzeptiert werden.

Was waren die Beweggründe für das Dorfentwicklungsprojekt?
Schenna hat sich in Vergangenheit gut entwickelt. Als Gemeinderat hatten wir deshalb den Eindruck, dass es an der Zeit ist, zu analysieren, wo wir in dieser Entwicklung stehen und wie es weitergehen soll. Mit dem Konzept „SCHENNA.WEITER.DENKEN“ wollen wir Leitplanken setzen, an denen wir künftige Entscheidungen ausrichten. Im Enddokument werden Handlungsgrundsätze für alle wesentlichen Bereiche enthalten sein und gleichzeitig Maßnahmen und Ideen, die konkret umgesetzt werden können. Nachhaltigkeit ist das zentrale Thema, dem das Dorfkonzept Rechnung tragen muss. Wir orientieren uns dabei an den Zielen, die sich bereits die Vereinten Nationen in Sachen Nachhaltigkeit gegeben haben und auf welche auch die Nachhaltigkeitsstrategie der Südtiroler Landesregierung aufbaut.

Wie wurde das Projekt von den Bürgern angenommen und welche Rolle spielte die Jugend bei diesem Vorhaben?
Die Grundstruktur des Dorfkonzepts bilden die Bürgerräte. Es gab vier nach Alter, Geschlecht und Wohnort geloste Bürgerräte mit jeweils 12 Mitgliedern, die sich mit unterschiedlichen Themen auseinandersetzten. Hinzu kamen 2 Räte, die die Vereine und Verbände gestellt haben. Das Interessante dabei ist, dass auf diese Weise viele Schenner mitreden konnten und man nicht nur die Meinung derer hört, die sich gerne und oft zu Wort melden. So erhalten wir ein sehr umfangreiches Bild. Die gelosten und von uns persönlich kontaktierten Bürgerinnen und Bürger nahmen das Angebot gerne an; einige Positionen mussten nachgelost werden, am Ende waren aber alle Räte vollständig und haben eineinhalb Tage intensiv Vorschläge für die Gemeinde erarbeitet. Eine wichtige Rolle kommt in dem Projekt den jungen Menschen zu, weshalb es einen eigenen Jungbürgerrat als Stimme der 16- bis 30-Jährigen gab. Im Projekt geht es schließlich um die Zukunft Schennas. Deshalb soll sie sich auch einbringen und sagen, was sie braucht, um sich in Schenna wohlzufühlen.

Wie geht es nun weiter?
Wir sind noch mittendrin im Prozess. Ende März wurden die ersten Ergebnisse der Räte der Bürgerinnen und Bürger und der Vereine und Verbände in einem Bürgerdialog vorgestellt. In den vergangenen zwei Monaten haben sich zuerst der Gemeindeausschuss und dann der Gemeinderat in mehreren Klausuren intensiv mit den erarbeiteten Vorschlägen auseinandergesetzt. Das Ergebnis sind rund 40 Zielvorgaben für die künftige Entwicklung der Gemeinde Schenna. Den Sommer über geht es nun in den Endspurt. Der Gemeindeausschuss wird die strategische Planung vervollständigen und Ziele und Maßnahmen nach Wichtigkeit ordnen. Im Herbst wird der Gemeinderat das Konzept formal verabschieden und allen Schennern in einer öffentlichen Veranstaltung präsentiert. Das Projekt ist damit aber dann nicht zu Ende, denn es ist kein statisches Konzept – einige Vorhaben wird man anpassen müssen, wenn sich die Rahmenbedingungen ändern. In alle dem soll die Bevölkerung weiterhin eng miteinbezogen werden.

Ein Wehrmutstropfen, der in Schenna immer wieder nachhallt, ist die Mobilität. Mit der Perspektive einer straßenunabhängigen Verbindung zu Meran könnte einiges einfacher werden.
Ja, die Mobilität ist und bleibt weiterhin eine der größten Herausforderungen unserer Gemeinde. Eine straßenunabhängige Verbindung nach Meran erscheint mir vor diesem Hintergrund alternativlos. Ziel ist es grundsätzlich, die Möglichkeiten der Mobilität zu verbessern und den Verkehr möglichst zu verringern. In diesem Zusammenhang gilt es auch parallele Maßnahmen zu setzen. Eine funktionale und praktikable Alternative zum Auto ist in Schenna das E-Bike. Wir arbeiten daran, die entsprechenden Infrastrukturen und Anreize zu schaffen. Ein erster wesentlicher Schritt ist die Realisierung eines Radweges nach Meran. Die Planungen sind bereits in Gang.

Seit der letzten Gemeinderatswahl wartet Schenna mit einigen jungen Gemeinderatsmitgliedern auf. Was schätzen Sie am Austausch mit den jungen Schennern?
Ganz einfach: In der Jugend liegt unsere Zukunft. Deshalb müssen ihre Bedürfnisse ernstgenommen werden und ihnen Mitsprache ermöglicht werden. Wir haben in Schenna auch einen sehr aktiven Jugendbeirat, der seine Aufgabe sehr ernst nimmt und uns in allen Jugendthemen berät. Das erste gemeinsame Projekt ist eben die erwähnte Realisierung des Beachvolley- und Bolzplatzes.

Die Flüchtlingshilfe insbesondere für Kinder und Frauen, die aus der Ukraine fliehen mussten, sind der Gemeinde ein Anliegen.
Derzeit leben drei Familien – Frauen mit Kindern – aus der Ostukraine mit uns in Schenna. Wir haben im März während der Kulturwochen „Schenner Langes“ und bei einer gemeinschaftlichen Benefizaktion des Bauernbundes, HGV, SVP und des Tourismusvereins Spenden gesammelt, die uns für die Unterstützung der Familien zur Verfügung stehen. Eine der Familien wohnt in einem gemeindeeigenen Gebäude, das wir mithilfe der örtlichen Handwerker dafür saniert hatten.