Die Bedeutung der Digitalisierung für den Personen- und Warentransport auf der Schiene war Thema der Tagung der Aktionsgemeinschaft Brennerbahn in Brüssel mit LR Alfreider und Kammerrat Baumgartner.
Bei einer hochkarätig besetzte Tagung der Aktionsgemeinschaft Brennerbahn (AGB) am 17. November in Brüssel ging es um die Bedeutung der Digitalisierung für den Transport von Waren und Personen auf der Schiene. Zukunftstrends des Schienentransports wurden beleuchtet.
LR Alfreider: „Potenzial der Bahn durch Digitalisierung bereits heute nutzen“
Landesrat Daniel Alfreider und Kammerrat Thomas Baumgartner eröffneten gemeinsam die Tagung. Alfreider hob die Bedeutung der Schiene als Mobilitätsinfrastruktur der Zukunft hervor. „Vor über hundert Jahren wurde die Eisenbahninfrastruktur gebaut, weil es keine Autos gab. Heute bauen wir sie aus, weil es zu viele Autos gibt“, betonte Alfreider. Für eine nachhaltige Mobilität entlang des Brennerkorridors brauche es die gemeinsamen Anstrengungen aller Beteiligten, um die Potenziale der Bahn bereits heute zu nutzen. Südtirol als Grenzland sei diesbezüglich ein kleines Europa in Europa. „Die fehlenden Standards werden gerade beim grenzüberschreitenden Schienenverkehr deutlich und behindern weitere Potenzierungen. Nichtsdestotrotz sind Verbesserungen schon vor der Inbetriebnahme des Brennerbasistunnels BBT möglich. Unter dem Dach der Europäischen Union müssen sämtliche Vereinfachungen koordiniert werden, damit man lokal zeitnah zu Verbesserungen kommt“, sagte Alfreider.
Baumgartner: „Gemeinsam die Weichen stellen für eine effiziente und konkurrenzfähige Schiene“
Thomas Baumgartner, Kammerrat der Handelskammer Bozen, unterstrich, dass es gemeinsamer Anstrengungen bedürfe, um einen einheitlichen europäischen Eisenbahnmarkt zu schaffen. „Es gibt heute immer noch zu viele nationale Barrieren bei der Eisenbahn – während man mit dem Auto problemlos quer durch Europa fahren kann, ist für Bahnen an den nationalen Grenzen oft Schluss“, sagte Baumgartner. Man begrüße ausdrücklich den Vorstoß im Rahmen der Überarbeitung der Ten-T-Richtlinie, dass ein Zug im grenzüberschreitenden Verkehr nicht länger als 15 Minuten zum Überqueren der Grenze benötigen darf. Die Digitalisierung kann die Kapazität der Schiene und der Terminals erhöhen und somit zur Verlagerung eines Teils des Verkehrs auf die Schiene beitragen– und das ganz ohne Bauarbeiten. „Straße und Schiene sind komplementäre Infrastrukturen und müssen in Zukunft besser zusammenarbeiten, um den kombinierten Verkehr auf der Brennerachse auszubauen“, sagte Baumgartner.
Mehr Digitalisierung und Harmonisierung
Lucy Tober vom Ausschuss der Regionen betonte, dass die Strategie für Dekarbonisierung der Europäischen Union den Ausbau und die Förderung der Schiene begünstige. Man brauche eine grenzüberschreitende Interoperabilität für die effiziente Verlagerung des Verkehrs auf die Schiene. Zugfahren müsse attraktiver werden und die Digitalisierung sei hierfür äußerst hilfreich. Der Ausschuss der Regionen unterstütze sämtliche Initiativen in diese Richtung.
Der europäische Koordinator des ScanMed-Korridors Pat Cox erinnerte daran, dass die Korridorpolitik multilateral sei: Drei Staaten und fünf Regionen sind beteiligt, aber nur ein gemeinsamer Korridor: Daher müsse man alle Energie daransetzen, die Barrieren abzubauen. Dazu gehöre auch, die beiden Infrastrukturen Straße und Schiene im Korridorgedanken als Einheit zu betrachten, mit der Bahn als Rückgrat der nachhaltigen Mobilität. Digitalisierung und Vernetzung seien hierfür neben der funktionierenden Infrastruktur die wichtigsten Elemente. Damit schaffe man mehr Bahn und mehr Europa.
Zusätzliche Dienstleistungen im Personenverkehr und mehr Verlademöglichkeiten für den Güterverkehr
Der Südtiroler Europaabgeordnete Herbert Dorfmann eröffnete das erste Panel zum Personenverkehr. Dabei wurden Themen wie Digitalisierung, ergänzende Dienstleistungen und Zukunftstrends im internationalen Bahnverkehr diskutiert. Darüber haben neben Dorfmann die Fachleute Bianca Jitea (DG CONNECT), Katharina Dekeyser (ALLRAIL), Alvaro Ungurean (OMIO), Erwin Hinteregger (IDM Südtirol) sowie der EU-Abgeordnete Paolo Borchia diskutiert. Eine Reise beginne bereits im Kopf, lange vor dem effektiven Antritt der Reise. Dabei seien die bisherigen Umstände des Bahnreisens für viele Menschen Hindernisse, um effektiv auf die Eisenbahn umzusteigen, hieß es bei der Diskussion. Das zweite Panel beschäftigte sich mit dem Güterverkehr. Der Europaabgeordnete Markus Ferber (Bayern) sprach in seinem Statement zur Frage, was in den kommenden Jahren zur Steigerung der Attraktivität der Schiene passieren muss. Ebenfalls beteiligt an Gesprächen zu Standards, Verladebahnhöfe und Digitalisierung waren die Experten Alberto Milotti (Verladebahnhof Quadrante Europa Verona), Eddy Liegesois (DG MOVE), Gianpiero Strisciuglio (Mercitalia Logistics) sowie die Europaabgeordnete Barbara Thaler (Tirol). Gemeinsam kam man zum Schluss, dass man die Harmonisierung gemeinsamer Standards sowie den Ausbau der Verlademöglichkeiten mit Nachdruck vorantreiben müsse. Gelinge dies, so sei noch weitere Kapazität auf der Schiene bereits heute möglich, und mit der Fertigstellung des BBT ergebe sich dann ein weiteres, noch viel größeres Potenzial. Die Veranstaltung wurde von Paola Firmi, Sonderkommissarin der italienischen Regierung für den BBT und die Zulaufstrecken, abgeschlossen. Die AGB ist ein Zusammenschluss der Länder Bayern, Tirol, Südtirol, Trient und Verona sowie der jeweiligen Handelskammern und setzt sich für die konsequente Verbesserung der Brennerbahn und einen funktionierenden Korridor ein. (red/san)