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Das Problem der Gewaltenteilung

Mit dem Amtsantritt von Giorgia Meloni haben viele darauf gewettet, dass der Konflikt zwischen Politik und Justiz ein Ende haben würde.
Im Gegensatz zu anderen Ministerpräsidenten, wie Silvio Berlusconi und Matteo Renzi, hat Giorgia Meloni die Arbeit der RichterInnen nie in Frage gestellt. Als Politikerin des extrem rechten Flügels hat sie immer für Recht und Ordnung geworben. Und außerdem erinnert sie immer wieder daran, dass sie als Reaktion auf die Ermordung des Richters Paolo Borsellino durch die Mafia in die Politik ging.

Entgegen den Vorhersagen brach der Konflikt zwischen Politik und Justiz jedoch erneut aus. Der Zufall wollte es, dass dies in den Tagen nach dem Tod von Silvio Berlusconi geschah. Er war der erste Politiker gewesen der von einer politisierten Justiz und von Ermittlungen zur Ausschaltung politischer Gegner gesprochen hatte.

Diesmal begann alles mit journalistischen Recherchen über die privaten Aktivitäten der Tourismusministerin Daniela Santanchè. Laut Presseberichten wird gegen sie wegen Bilanzfälschung und betrügerischem Konkurs in Bezug auf einige ihrer Unternehmen ermittelt. In denselben Tagen wurde auch der Staatssekretär für Justiz, Andrea Delmastro angeklagt. Angelastet wird ihm die Verletzung eines Amtsgeheimnisses im Zusammenhang mit dem Fall Cospito, dem Anarchisten, der unter verschärften Haftbedingungen einsitzt. Und als ob das nicht genügen würde, sind noch Ermittlungen gegen den Sohn von Ignazio La Russa, den Präsidenten des Senats, wegen sexueller Gewalt eingeleitet worden.

Die Regierung stellte sich demonstrativ vor Santanchè und Delmastro und behauptete, dass ein Teil der Justiz im Hinblick auf die Europawahlen im nächsten Jahr politischen Einfluss ausüben wolle. Zu diesem Affront gegenüber der Richterschaft kommt, dass Justizminister Nordio eine Reform vorgelegt hat, die die Rechte der Beschuldigten stärken und die Kompetenzen der RichterInnen und StaatsanwältInnen beschneiden soll. Auch sollten laut Nordio mehrere Straftatbestände abgeschafft werden, darunter sogar die externe Zusammenarbeit mit einer mafiösen Vereinigung.
Die so attackierte Justiz reagierte umgehend: Sie sprach von schwerwiegenden und inakzeptablen Anschuldigungen. Und dass die Justizreform, an der die Regierung arbeite, im Grunde darauf abziele, die Richterschaft zu bestrafen.

Eine derart heftige Auseinandersetzung zwischen Politik und Justiz, hat es seit Jahren nicht mehr gegeben. Staatspräsident Mattarella fühlte sich bemüßigt einzugreifen und lud die Mitglieder des Obersten Gerichtshofes zu einer Aussprache ein, um ihnen seine Wertschätzung und Solidarität zu vermitteln. Zuvor hatte er eine Aussprache über das Thema mit Ministerpräsidentin Meloni. Diese distanzierte sich teilweise vom Justizminister und versuchte, die Gemüter zu beruhigen. Sie versicherte, dass die Justizreform keine die Justiz beschneidenden Absichten verfolge, sondern nur der Verbesserung des Systems diene.
Trotzdem bleibt das Klima weiter aufgeheizt, und es gibt keine Anzeichen für eine Abkühlung.