Die Lanaer Fraktion Völlan hat einiges zu bieten. Neben Kirchen und Kapellen zum Beispiel die Mayenburg, den Ansitz Helmstorf und, wesentlich neuer, den Kastanien-Erlebnisweg. Der Badlweg, um den es hier geht, weist auf das ebenfalls bekannte Völlaner Badl.
August 1914. Der 1. Weltkrieg hatte gerade eben begonnen, ohne dass die Menschen eine Ahnung davon hatten, wie lange er dauern und wie verlustreich er sein wird. Doch auch im Kleinen trifft man auf Ereignisse, die nicht weniger tragisch für die Betroffenen sind. Es war Montag, 3. August 1914. Franz Gaiser, Unterprünsterbauer in Platzers, war in Lana unterwegs, um Lebensmittel für seine Familie einzukaufen. Dazu hatte er 20 Kronen in seiner Geldtasche. Auf dem Nachhauseweg kehrte er noch in ein Gasthaus ein und unterhielt sich dabei mit Matthias H., einem 30-jährigen, ledigen Taglöhner. Nichts an dem friedlichen Miteinander deutete darauf hin, was in Folge geschehen wird. Mittlerweile war es dunkel geworden, H. machte sich auf den Weg und einige Minuten später auch Gaiser. Zwischen 10 und halb 11 Uhr nachts geschah dann das kaum Vorstellbare. H. lauerte Gaiser an einer engen Stelle des Weges auf, überfiel ihn und streckte ihn mit zwei Schlägen nieder. Der Überfallene hatte keine Chance. Der zweite Schlag mit der Zaunlatte auf den Hinterkopf war tödlich. Der Täter riss den Giletärmel auf, um an das Geld zu kommen und erbeutete 5 bis 6 Kronen – kaum 40 Euro.
Am folgenden Tag wurde der Tote oberhalb des Völlaner Badls gefunden. Neben der Leiche lag noch der etwa eineinhalb Meter lange, blutbefleckte Knüppel. Die Gendarmerie von Lana nahm sofort Ermittlungen auf. Zahlreiche Menschen fanden sich an der Unglücksstelle ein. Einem der herbeigerufenen Gendarmen, Franz Krahler, fiel das Benehmen eines Anwesenden auf. Als er diesen vernehmen wollte, floh dieser unvermittelt, versuchte aber noch, ihn einen 20 m hohen Abhang hinunterzustoßen. Als ihm dies nicht gelang, sprang dieser selbst hinab und floh durch das Tal. Da dieses sehr eng und stellenweise von steilen Felsen eingeschlossen ist, konnte ihn der Polizeibeamte nicht einholen. Der mutmaßliche Täter kannte sich in der Gegend hervorragend aus und konnte sich so erfolgreich verstecken. Erst als Hilfe aus Völlan hinzukam, gelang es dem Polizisten zusammen mit Johann Schafferer vom Posten Nals, den Flüchtigen aufzuspüren und zu verhaften. So berichteten zumindest damals die Zeitungen. Das 40-jährige Opfer Franz Gaiser hinterließ seine Ehefrau Anna Gaiser, drei Stiefkinder, acht eigene und ebenfalls noch minderjährige Kinder, ein weiterer Sprössling war unterwegs. Er wurde zweieinhalb Monate nach dem Tod seines Vaters geboren und auf den Namen Josef getauft.
Eine traurige Geschichte für eine idyllische Waldgegend, die viel Erholung bietet. 1815 soll hier Josef Oedl (auch Oetl), Arzt am städtischen Spital in Meran, eine Quelle mit schwefel- und leicht mineralhaltigem Wasser entdeckt haben, die bei Hautkrankheiten lindernd wirke. Hinzu kommen, wie wir heute wissen, Spuren von Aluminium, Arsen, Bor, Barium, Brom, Jod, Chrom, Lithium und Uran.
Drei Jahre später wurde das Gast- und Badhaus „Völlaner Badl“ eröffnet und mehrfach erweitert und umgebaut, mit einer sehenswerten hauseigenen Kapelle. Schon Mitte des 19. Jahrhunderts fanden sich jährlich bis zu 350 Gäste ein, die sich einen mehrwöchigen Kuraufenthalt gönnten, um ihre Glieder- und Kreislaufbeschwerden zu kurieren. Die meisten von ihnen waren Bürger und Bauern aus dem Burggrafenamt. In einer Annonce aus dem Jahr 1861 weisen die neuen Besitzer darauf hin, dass das Bad „in gichtischen, rheumatischen u. Haut-Krankheiten eine längst bekannte und bewährte Wirksamkeit“ zeige.
Außerdem sei für eine ordentliche Unterkunft, gute Speisen und Getränke sowie für eine aufmerksame Bedienung bestens gesorgt. Daran hat sich nichts geändert. An den heimtückischen Mord erinnert übrigens heute noch ein Marterl, das sogenannte „Prünst-Kreuz“, das erst vor wenigen Jahren restauriert wurde.
Christian Zelger