Gemeinsam mit Karl Moeser und Cölestin Recla prägen seine Bauten bis heute das architektonische Gesicht Merans: Tobias Brenner. Die ihm gewidmete Straße verbindet langgestreckt die Romstraße in Untermais mit der Karl-Grabmayr-Straße in Obermais.
Am Samstag, 14. Dezember 1907 wurde das neue Untermaiser Rathaus feierlich eingeweiht. Dazu hatten sich der Bezirkshauptmann Baron Freyberg, die Gemeindevertreter von Untermais, der Ortsseelsorger und Friedrich Wilhelm Ellmenreich als Vertreter der Kurvorstehung zusammen mit den Baumeistern eingefunden. Bürgermeister Josef Hölzl begrüßte die Anwesenden im Sitzungssaal und erläuterte die Hintergründe des Neubaus. Neben der Unzulänglichkeit der bisherigen Amtsräume nannte er die Unterbringung eines Postamtes und einer Apotheke sowie die Erschließung der Umgebung als Geschäftsviertel. Hölzl ging dann auf die Baugeschichte ein, lobte die Pläne von Architekt Josef Musch ebenso wie die Ausführung unter Baumeister Tobias Brenner. Mit einem Hoch auf seine Majestät den Kaiser endete die Rede. Nach der Segnung des Gebäudes durch Pfarrer P. Gottfried Noggler kam der Baumeister selbst zu Wort. Er habe bei den Arbeiten darauf geachtet, vor allem heimische Handwerker zu beschäftigen. Möge das Gebäude stets seinen guten Ruf bewahren und hunderte von Jahren seinen Zweck als Rathaus der aufstrebenden Marktgemeinde Untermais erfüllen. In seinen Räumen möge stets Gerechtigkeit gegenüber den großen und kleinen Steuerzahlern herrschen. Er schloss seine Rede mit dem Wunsch, dass der Gemeinderat in Frieden und Eintracht das neue Haus beziehen und seine Beschlüsse zum jetzigen und künftigen Wohl der Gemeinde fassen möge.
Tobias Brenner wurde am 19. Dezember 1842 im Oberinntaler Ort Rietz geboren. Seine Eltern waren Bauersleute, hießen Jakob Brenner und Anna Kluibenschädl und hatten ihren Erstgeborenen nach Jakobs Vater benannt. Brenner war, wie auch Cölestin Recla, zunächst als Baustellenleiter für den eingangs schon erwähnten Architekten Karl Moeser tätig. Ab 1870 begann er dann seine eigenen Bautätigkeiten in Meran. Am 6. April 1880, im Alter von 37 Jahren, heiratete er die erst 17-jährige Meranerin Maria Anna Holzeisen. Ihr Vater war Besitzer der Villa Karlsruhe und einer Cafeteria in Meran. Trauzeuge bei der Hochzeit war sein früherer Arbeitgeber und Weggefährte Moeser. In der Ehe werden zwischen 1881 und 1905 zehn Kinder geboren, fünf Töchter und fünf Söhne. Viel Interesse brachte er neben seiner Arbeit dem k.k. Hauptschießstand Meran entgegen. Er stand diesem angesehenen Verein als Oberschützenmeister vor und wurde 1909 sogar zum Ehrenmitglied ernannt. Das war nicht die einzige Ehrung, die ihm zuteil wurde. Auch die Freiwillige Feuerwehr Untermais und der Krieger- und Veteranenverein Meran führten Brenner als Ehrenmitglied, und die Gemeinde Untermais, zu Brenners Lebzeiten noch eigenständig, ernannte ihn zum Ehrenbürger. 1912 kämpfte er mit gesundheitlichen Problemen und starb schließlich am 27. August an einer Nierenentzündung. Er wurde 69 Jahre alt.
Wer so aktiv ist, wie Brenner es war, der tritt auch dem einen oder anderen auf die Füße. Nicht alle waren ihm wohlgesonnen. Anlässlich des Baus des neuen Rathauses ließen einige Bürger in der „Volkszeitung“ Dampf ab. In Meran herrsche ein fortschrittlicher Geist, in Obermais die Bauern, in Untermais aber der christlichsoziale Bürgermeister Josef Hölzl. Brenner hätte so seinen seit Jahren feilgebotenen Besitz Jägersheim und Vogelweide der Gemeinde „günstig“ verkaufen können, damit dort das neue Rathaus entstehe – „und was wohl nur in Rußland vorkommen kann“, so der Journalist – Brenner auch noch mit den Bauarbeiten dazu beauftragt wurde. Im Laufe seines Lebens zeichnete er für fast 50 Bauwerke in der Kurstadt verantwortlich. Die meisten von ihnen existieren heute noch und stehen unter Denkmal- bzw. Ensembleschutz. Zu den bekanntesten gehören neben dem Rathaus die Gasfabrik, die Villen Dieffenbach, Heidelberg, Moskau, Nora, Lohengrin und Wiesenegg, das Maiser Schulhaus und der katholische Friedhof.
Christian Zelger