Die Tracht gehört zu unserem Kulturkreis wie wohl kaum ein anderes Kleidungsstück.
von Michael Andres
Bei Festanlässen, Aufmärschen und auch sonst werden Trachten gerne getragen. In Südtirol gibt es viele verschiedene Trachten. Vor allem in den Farben und Verzierungen unterscheiden sich die Trachten von Tal zu Tal und von Bezirk zu Bezirk. Außerdem unterscheiden wir zwischen den traditionellen Trachten, die vor allem von Volkstanzgruppen, Musikkapellen, Schützen und Marketenderinnen, aber auch von Chören und Brauchtumsgruppen getragen werden und der Tracht als Mode. Letztere wird gerne bei Wiesenfesten, wie dem Oktoberfest, aber auch bei anderen Festlichkeiten getragen. Das Wort Tracht kommt von „tragen”. Wenn wir heute von Tracht sprechen, so meinen wir eine Kleidung, die schon unsere bäuerlichen oder bürgerlichen Vorfahren getragen haben. Da es sich um die Kleidung der unteren Schichten und damit der Masse des Volkes handelte, spricht man auch von Volkstrachten. Im Gegensatz zur schnelllebigen Mode haben sich die Volkstrachten im Laufe der Zeit nur sehr wenig verändert. Die Tiroler Trachten waren immer an bestimmte Landschaften gebunden.
Trachten mit Tradition
Eine große Tradition im Burggrafenamt haben etwa die Burggräfler Tracht sowie die Passeirer Tracht. Markenzeichen der Burggräfler Männertracht sind die auffälligen roten Aufschläge auf dem „Wollehemat“. Die Joppe hat sich über 200 Jahren kaum verändert und ist damit das einzige Trachtenteil in ganz Tirol, das so konstant getragen wird. Sowohl bei den Männer als auch bei den Frauen im Burggrafenamt unterscheidet man zwei Trachtenformen: das „Bäurische Gwand“ und die „Burggräfler Miedertracht“ bei den Frauen und bei den Männern das Kurz- und das „Langbäurische Gwand“. Die „Burggräfler Miedertracht“, im Volksmund auch „Meraner Dirndl“ genannt, wird vor allem von Musikantinnen getragen, aber auch von Volkstanzgruppen und in Schützenkompanien. Auch im Passeiertal gibt es eine eigene Tracht. Sie wird vor allem an Festtagen oder zu bestimmten Anlässen getragen. Die eigentliche bzw. ursprüngliche Passeirer Frauentracht wird hingegen kaum noch getragen. Ende des 19. Jahrhunderts setzte sich im Tal die Burggräfler Frauentracht, das sogenannte „Übertüchl“ durch. Auch im Ultental gibt es eine eigene Tracht. Wie viele andere Trachten ist auch die Ultner Tracht sehr traditionsgebunden. Das weiße Hemd ist einfach geschnitten und hat einen kleinen Kragen. Es wird unter einer bis zum Kragen geknöpften Weste getragen. Darüber werden Hosenträger getragen, die in Brusthöhe mit einem Band verbunden sind. Die Tracht ist bei vielen Vereinen im Ultental zu sehen, so wie zum Beispiel bei der Musikkapelle.
Das sagt der Experte
Nicht überall wo historisch draufsteht, ist aber auch historisch drin. Darauf weist der Experte Helmut Rizzolli im BAZ-Interview hin. Er ist Vorsitzender der Arbeitsgruppe „Unsere Tracht“. Diese hat sich auf das vielfältige Thema der Trachten spezialisiert.
Was hat sich in der Trachtenforschung in den letzten Jahren getan?
Die „Arbeitsgruppe Unsere Tracht“ sammelt nach wie vor Bildquellen aus der Zeit vor 1850, denn zwischen 1790 und der Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die bäuerliche Festtagstracht in klar abgegrenzten Trachtenlandschaften. Durch Publikationen und Interviews wurde versucht, die Besonderheit der Trachten einer breiteren Bevölkerungsschicht näher zu bringen und den Trachtenträgern Motivation und Ehrfurcht vor der Tradition zu vermitteln.
Was macht die „Arbeitsgruppe Unsere Tracht“ derzeit?
Im Vordergrund seht die Zusammenarbeit mit öffentlichen Körperschaften und Organisationen des Dritten Sektors, welche im Bereich der Trachtenkultur tätig sind.
Welche Trachten liegen derzeit im Trend?
Der Trend geht zur historischen Tracht, also zur Lederhose für den Mann und zur Schnürmiedertracht für die Frau. Mit Unbehagen stellen wir fest, dass der Begriff „historische Tracht“ in der letzten Zeit auch für Neueinkleidungen verwendet wird, für die es keine ausreichende Quellenforschung gibt und die daher eher als „historisierende Trachten“ zu bezeichnen sind.