Was gibt es Schöneres, als den Überetscher Frühling mit Augen und Beinen einzufangen? Lichte Buchenwälder in zartem Grün, herrliche Ausblicke, die beeindruckende
Rastenbachklamm und zum Abschluss Weinberge im Tulpenblütenmeer.
von Christl Fink
An der Mittelstation der Mendelbahn entdecken wir sofort den Wegweiser nach rechts.
Über den Ziegelstadelweg
Wir folgen nun immer der Markierung 9 in Richtung Altenburg. Zunächst wandern wir auf einem abwechslungsreichen Steig, der sich an den Flanken des Mendelkamms entlang windet. Vorbei an einer Rastbank gelangen wir auf den breiten Forstweg. Die letzten Erika zeigen ihr schönstes Weinrot und setzen leuchtende Farbkleckse in das noch braune Unterholz. Plötzlich ein Kuckucksruf – und das in den allerersten Apriltagen! So früh im Jahr haben wir ihn noch nie gehört! Immer wieder geben die Bäume trotz Saharastaub den Blick auf den Kalterer See frei. Wir achten gut auf die Markierung und nehmen dann den zweiten Steig, der vom Forstweg rechts aufwärts führt. In leichtem Auf und Ab trifft er dann wieder auf den Forstweg. Am Wegrand steht ein Gebäude, wohl das, was aus dem ehemaligen Ziegelstadel geworden ist.
Nach Altenburg
Eine Kurve und bei der Quellkammer „Ziegelstadel“, der Trinkwasserversorgungsanlage, zeigt der Wegweiser nun abwärts. Einem kleinen Bach gegenüber steht ein Miniatur-Dorf, wohl von einem Hobbykünstler geschaffen. Ein rot-weißes Band quer über den Weg weist auf Gefahr hin, und tatsächlich hat es hier eine Rutschung gegeben, wohl durch die starken Regenfälle der letzten Tage. Wir steigen ohne Schwierigkeit über das Geröll hinweg und folgen unserem Weg immer in dieselbe Richtung, bis wir bergseitig ein Schild „Sonnegg“ sehen, das steil abwärts weist. Nun wandern wir abwärts und binnen kurzer Zeit sind wir auf der Asphaltstraße, die uns am Gasthaus Sonnegg vorbei aufwärts führt. Nun geht es direkt zum Kirchlein, das dem hl. Vigilius, dem Patron der Diözese Trient geweiht ist, denn bis 1964 gehörte dieses Gebiet zum deutschsprachigen Teil der Erzdiözese Trient. Ein kurzer Besuch, am Haupteingang, grüßt die hl. „Kummernus“, dann geht es hinaus zur Aussichtskanzel. So menschenleer der bisherige Weg war, so zahlreich drängen sich hier die Feriengäste.
Ruine St. Peter, Felsengrab und Schalenstein
Etwas steinig geht es auf Markierung 2 bergab. Felsenbirnen im weißen Blütenkleid und Kronwicken in ihrem kräftigen Gelb grüßen zu beiden Seiten des Weges. Über eine stabile Hängebrücke erreichen wir bald die Ruine St. Peter, eine frühchristliche Basilika. Erst 1933 wurde sie unter meterhohem Schutt freigelegt. Gleich neben den restaurierten Resten dieses Heiligtums stoßen wir auf eine Felsenwanne, eine urzeitliche Grabstätte, die vermutlich in frühchristlicher Zeit als Taufbecken diente. Eine archäologische Kostbarkeit! Am Abhang, dort, wo die Felswände steil ins Tal abfallen, entdecken wir neben der Aussichtsbank einen großen Porphyrstein. Dieser Schalenstein weist zehn kreisförmige „Schalen“ auf, eine Seltenheit unter den zahlreichen Funden in Südtirol.
Die Rastenbachklamm
Kurz zurück und dem Wegweiser zur Rastenbachklamm folgend, wandern wir bald unter der Hängebrücke hindurch. Zunächst geht es in Serpentinen den Steig hinunter und über den Rastenbach. Die violette, neunblättrige Fingerzahnwurz steht in voller Blüte und der besonders geschützte Hirschzungenfarn hat hier seinen Lieblingsplatz. Der Pfad zum Wasserfall ist wegen Bauarbeiten gesperrt. Wir wandern über Stahlbrücken und unzählige Stufen hinunter, einmal auch wieder kurz hinauf – immer mit Blick über den Kalterer See hinweg zum Mittelberg mit der Ruine Leuchtenburg, die noch heute über den See zu wachen scheint. Dahinter erhebt sich das noch schneebedeckte Weißhorn. Und dann stehen wir auch schon auf dem kleinen Parkplatz. Von hier aus müssen wir über Asphalt hinunter zum Kalterer See. An der Hauptstraße angekommen, erfreuen wir uns an Hunderten von Tulpen in allen Farben, die in den unbelaubten Weinbergen in voller Blüte stehen. Ein kurzes Stück nach links und schon sehen wir die Haltestelle. Der Bus bringt uns über Kaltern, wo wir umsteigen, wieder zurück zum Bahnhof Sigmundskron. Ein ganz besonderer Wandertag geht zu Ende.
INFO:
Ausgangspunkt: Mittelstation der Mendel-Standseilbahn
Ziel: Altenburg und Kaltern
Anfahrt: Mit dem Zug, der von Meran um 16 Min. nach der vollen Stunde abfährt, bis zum Bahnhof Sigmundskron. Zur Haltestelle an der Hauptstraße und mit dem Bus 132 über Girlan nach St. Anton zur Mendelbahn. Mit der Mendelbahn zur Mittelstation, dies dem Fahrer vor Fahrtbeginn mitteilen!
Gehzeiten: insgesamt rund 3 1/2 – 4 Std. Mittelstation > Altenburg: 2 Std. > St. Peter: 20 Min. > Rastenbachklamm zur Haltestelle: 1 – 1 1/2 Std.
Beste Zeit: Frühling, Herbst