Wir treffen Hans Pamer im Pfarrhaus von St. Georg in Obermais. „Das war früher ein Kloster“, erklärt er. Die Franziskaner haben hier lange Zeit die Pfarrei betreut. Der Dekan ist Pfarrer von St. Nikolaus und seit einigen Jahren auch von St. Georg. In diesem Jahr feiert er sein Goldenes Priesterjubiläum.
von Josef Prantl
Seit 15 Jahren ist er in Meran. Die „Fünf“ spiele in seinem Leben eine Rolle, schmunzelt er: 5 Jahre Kooperator zuerst in Latzfons und dann in Schenna, 3×5 Jahre Präfekt und Regens im Johanneum in Tirol, 3×5 Jahre Dekan von Mals und jetzt 3×5 Jahre Dekan von Meran-Passeier. Als Hans Pamer vor 15 Jahren von Mals nach Meran wechselte, war das nicht sein größter Wunsch. Als Stadtpfarrer von St. Nikolaus musste er sich umstellen, „aber es hat auch seine Vorteile, nach längerer Zeit zu wechseln“, weiß er.
Stadtpastoral
Meran ist schon aufgrund seiner Geschichte reich an geistlichem Leben: die deutsch- und italienischsprachigen Pfarreien (St. Nikolaus, St. Georg in Obermais, St. Vigilius in Untermais, St. Peter in Gratsch, Maria Himmelfahrt/S. Maria Assunta, die deutsch- und italienischsprachige Pfarrei Sinich, S. Spirito/Heilig Geist), mehrere Klöster und Ordensgemeinschaften (Eucharistinerinnen, Salvatorianerinnen, Barmherzige Schwestern, Kapuziner, Congregatio Jesu) prägen das Stadtbild. „Für Bozen und Meran ist in den vergangenen Jahren das Konzept der ,Stadtpastoral‘ entwickelt worden“, sagt Pamer. Die Seelsorge soll pfarr- und sprachgruppenübergreifend organisiert werden. Das ähnelt den Seelsorgeeinheiten, ist aber stärker auf die Bedürfnisse der Stadtbevölkerung ausgerichtet, erklärt der Dekan. Hier laufen die Fäden für gemeinsame Aktionen und Entscheidungen auf Stadtebene zusammen, werden Kräfte gebündelt und innovative Projekte auf den Weg gebracht. Für die Zukunft ist dem Dekan nicht bange, die Kirche und das Christentum werden nicht verschwinden. Aber die Menschen werden sich auf weniger kirchliche Angebote einstellen müssen. Gottesdienste werden konzentriert und nicht mehr in jeder Kirche angeboten, aber das religiöse Leben werde dadurch nicht leiden, ist sich Pamer sicher.
Eine freiheitliche und vielfältige Kirche
Religiosität habe nichts mit der Quantität des Kirchenbesuchs zu tun, sagt Hans Pamer. Die Zukunft der Kirche wird anders aussehen, das weiß er, aber das muss uns nicht beunruhigen. Dieses Urvertrauen wurde Hans Pamer in die Wiege gelegt. Geboren am 5. Oktober 1947 in Platt in Hinterpasseier auf dem Untermagfeldhof als neuntes von elf Kindern, erlebt er eine behütete Kindheit, geprägt vom bäuerlichen Leben und einer toleranten, weltoffenen Geisteshaltung. Es ist der gleichnamige Onkel und Missionar Hans Pamer, der bei seinen Heimatbesuchen einen Hauch von Welt nach Hinterpasseier bringt und den jungen Hans in seinem Entschluss, Priester zu werden, maßgeblich beeinflusst. Viel später wird er ihn auf den Philippinen besuchen, und bleibende Erinnerungen prägen bis heute diese Reise in die „Welt der Wilden“, wie es damals bei uns hieß, erinnert sich Pamer.
Familienbande prägen das Leben
Das Zuhause auf dem Heimathof Untermagfeld spielt im Leben von Hans Pamer eine zentrale Rolle. „Jeder Priester braucht ein starkes Netz, braucht familiäre Bindungen, Freunde, Weggefährten, um nicht in Einsamkeit zu versinken“, sagt er. Platt ist seine Heimatpfarre, die Familie sein starker Rückhalt, und so feierte er dort im Juli auch sein „goldenes“ Priesterjubiläum. Hans wuchs behütet auf, religiöses Leben wurde in der Großfamilie Pamer gepflegt, aber nicht fanatisch, nicht erzwungen. Das Füreinander, das Miteinander ist selbstverständlich. Musik spielt eine große Rolle, gemeinsames Singen gehört ebenso zum Familienalltag wie das gemeinsame Beten.
Der eine Onkel, Pater Stefan Pamer, ist Abt auf Marienberg, der andere Onkel Missionar auf den Philippinen: Zwei unterschiedliche geistliche Berufungen, die den jungen Hans prägen. Auch Volksschullehrer Richard Prugger hat großen Einfluss auf den Buben, und dann ist da noch Pater Cölestin, Benediktiner und Pfarrer von Platt. „Ein großer Gelehrter, bescheiden und mit einem großen Herzen“, erinnert sich Hans. Pater Cölestin beherrschte die alten Sprachen wie kaum ein anderer und war ein profunder Kenner der Botanik. Am Ende seines Pfarrbriefes stand immer ein Tipp aus der Welt der Blumen und Pflanzen, erinnert sich Hans Pamer: „Schade, dass wir diese Pfarrbriefe nicht aufbewahrt haben!“
Theologiestudium und Priesterweihe
Der weitere Lebensweg von Hans Pamer kann als „klassisch“ bezeichnet werden: Besuch der Mittelschule und des humanistischen Gymnasiums Johanneum, Theologiestudium in Brixen und 1974 Priesterweihe in Brixen unter Bischof Josef Gargitter. Es folgten das Pastoraljahr in Latzfons und vier Jahre als Kooperator in Schenna. Dann kam die Berufung ins Johanneum, zuerst als Erzieher, dann als Regens. „Als junger Priester wollte damals kaum einer als Erzieher (Präfekt) ins Johanneum“, erinnert er sich. „Die ganze Woche, nachdem ich vom Generalvikar die Berufung erfahren hatte, war mir schlecht, aber der Bischof sagte: Es wird dir gefallen!“ Es werden 15 Jahre, eine prägende Zeit für Hans. Die pastorale Arbeit rückt 1994 mit der Ernennung zum Dekan von Mals wieder in den Mittelpunkt.
Den Bergen so nahe
„Ich bin eigentlich kein Stadtmensch, auf dem Land und in den Bergen fühle ich mich am wohlsten“, sagt Hans Pamer. Mals sei eine schöne Herausforderung gewesen, die er gerne angenommen habe. „Meine Rückkehr zu den Wurzeln“, sagt er. Und weiter: „Das Brot hat der Bäcker gebracht, den Käse der Senn, so ist das Leben auf dem Land“. Er kann gut mit der bäuerlichen Bevölkerung, kennt ihre kleinen und großen Sorgen. „Ein Priester muss Gesprächsführung lernen, etwas von Kommunikation verstehen“, sagt er. Im Dekanat Meran wird er später für die „Beichtgespräche“ werben, und der Erfolg gibt ihm recht: „Die Menschen suchen heute mehr denn je das Gespräch, sie brauchen Raum, wo sie sich aussprechen können.“ Ein Priester muss auch Zeit haben, für die Menschen da zu sein. Der Zölibat erleichtere dies, was aber nicht bedeute, dass der Zölibat für das Priestertum zwingend sei, so der Dekan. Und was die Frauen betrifft: Ohne sie sei kirchliches Leben gar nicht mehr denkbar.
Von Mals nach Meran
Der Wechsel von Mals nach Meran im Jahr 2009 war für Hans Pamer eine große Umstellung, eine Herausforderung, verbunden mit ganz neuen pastoralen Aufgaben und Arbeiten. „Ich muss nicht alles machen“, beruhigt er sich, „viele fleißige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stehen dem Dekan zur Seite“. Stadtpastoral sei aber anders, vielfältiger, man müsse viel flexibler sein: „Es geht darum, mit den Menschen zu lernen, was Glaube, Religion, Kirche und Evangelium heute sind“, sagt er. Das Arbeitsumfeld habe sich verändert, zum Beispiel sei es in der Stadt schwieriger, Ministranten zu finden. Aber auch die Anonymität sei größer geworden, umso wichtiger sei es auf Menschen zuzugehen.
Der Privatmensch
Die 77 Jahre sieht man Hans Pamer nicht an. Fragt man ihn nach seinen Hobbys, nennt er die Fotografie und natürlich das gemeinsame Musizieren und Singen. Mit seinen Freunden – allesamt Priester – fährt er im Sommer in den Urlaub. Auf die einwöchige Kulturreise, die er seit Jahren pfarreiübergreifend organisiert, freut er sich jedes Mal. Man sieht es ihm nicht an, aber Hans Pamer ist auch ein leidenschaftlicher Autofahrer, und wenn er nicht Priester geworden wäre, hätte er gerne etwas Technisches gemacht, vielleicht Physik studiert, oder Musik, wer hätte das gedacht?