Das Handwerk des Bäckers genießt traditionell großes Ansehen. Schon das Brot selbst galt stets als eine besondere Gabe. In unserer christlichen Kultur wurde das Brot durch die Nennung im „Vater unser“ noch zusätzlich glorifiziert. Und wer kennt nicht den Spruch: „Brot ist hart zu verdienen“ …
von Walter J. Werth
Brot zählt zu den ältesten vom Menschen kultivierten Nahrungsmitteln, mit archäologischen Funden, die darauf hinweisen, dass bereits vor rund 8.000 Jahren in Nordafrika Getreide wie Hirse und Sorghum angebaut und verarbeitet wurde. Im heutigen Südtirol spielt die Bäckerinnung eine zentrale Rolle im handwerklichen Backwesen. Sie vereint 163 Bäckereien in 73 Gemeinden und wurde bereits 1350 gegründet. Ihre Hauptaufgabe besteht darin, die Interessen der Bäcker gegenüber der Gesetzgebung und anderen Sozialpartnern zu vertreten und eine Plattform für politische Diskussionen zu bieten. Die Bäckerinnung legt großen Wert auf höchste Qualität und das Handwerk, welches von erfahrenen Bäckermeistern geprägt ist. Jedes Mitglied stellt individuelle Spezialitäten her und sorgt mit viel Engagement für exzellente Backwaren. Ihr Motto „Brot, lai ban Bäck“ unterstreicht die Überzeugung, dass gutes Brot nur beim Bäcker erhältlich ist.
Hat das Bäckerhandwerk noch Zukunft?
Die Zukunft des Bäckerhandwerks in Südtirol verspricht spannend und vielseitig zu werden, da traditionelle Techniken mit modernen Technologien und umweltfreundlichen Praktiken kombiniert werden. Innovative Ansätze, wie intelligente Öfen und umweltbewusste Zutaten sowie Backverfahren, könnten das Backen neu definieren und neue Chancen für Bäcker und Verbraucher schaffen.
Wie sieht es beim Bäcker-Nachwuchs aus?
Besonders erfreulich ist die Entwicklung im Bäckerhandwerk, da die Zahl der abgeschlossenen Meisterprüfungen 2023 auf 284 anstieg, was einen Zuwachs von 7,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr bedeutet. Dies zeigt, dass immer mehr junge Menschen eine Zukunft in der Backbranche sehen. Dennoch stehen die Bäckereien vor Herausforderungen, insbesondere im Hinblick auf Fachkräftemangel und hohe bürokratische Hürden. Viele junge Bäcker sind daher zögerlich, sich selbstständig zu machen, da die Gründung oder Übernahme einer Bäckerei mit hohen Investitionen verbunden ist.
Qualität vom Korn bis zur Form
Die Bäckereien in Südtirol sind bekannt für die Herstellung vieler Brotsorten und Formen mit dem unverkennbaren aromatischen Duft und ihre frischen Produkte, die nicht nur in traditionellen Familienbetrieben, sondern auch online und auf Marktständen verkauft werden. Die Verwendung von heimischem, biologischem Getreide fördert zudem eine gesunde und nachhaltige Produktion.
Gutes hat auch seinen Preis
… Brot ist hart zu verdienen. Die Aussagen, dass Brot hart zu verdienen ist, oder „der Mensch lebt nicht nur vom Brot allein, sagen bereits klar, dass Brot eben nicht billig ist. Und jeder von uns kann das beim täglichen Einkauf feststellen. Im Jahr 2023 lag der Durchschnittspreis für ein Kilogramm frisches Brot in Südtirol bei 6,21 Euro, was Italien-weit den höchsten Preis darstellt und zeigt, dass gutes Brot seinen Wert hat. Vergleichsweise liegen die Preise in Venedig und Ferrara bei 5,91 Euro und 5,89 Euro pro Kilogramm.
Das Südtiroler Schüttelbrot: original und geschützt
Das Schüttelbrot wird nach einer traditionellen Rezeptur hergestellt, wobei ausschließlich hochwertige und sorgfältig ausgewählte Zutaten verwendet werden.
Eine Tiroler Bäckerordnung aus dem Jahr 1610 erwähnt erstmals die „kreizzerröggl“, eine frühe Form des Schüttelbrotes. Die Hauptbestandteile sind Roggenmehl und Weizenmehl, die nicht nur den Geschmack, sondern auch die Nährstoffqualität unterstützen. Gewürzt mit Kümmel, Anis und Fenchel erhält das Produkt sein charakteristisches Aroma. Die besondere Herstellungsmethode, bei der das Schüttelbrot von Hand „geschüttelt“ wird, sichert die Qualität und verleiht dem Brot seine einzigartige Konsistenz. Mehrere Südtiroler Bäckereien haben das Schüttelbrot-Sortiment um verschiedene Sorten erweitert, darunter Zwiebel-, Paprika, Vollkorn- und BIO-Schüttelbrot, um den unterschiedlichen Geschmäckern und Vorlieben der Kundschaft gerecht zu werden. Der Fokus bleibt jedoch immer auf der Erhaltung der traditionellen Herstellungsweise und der hohen Qualität des Endprodukts. Ob als traditioneller Begleiter zur Marende, als knuspriger Snack oder als Zutat in modernen Gerichten – Schüttelbrot bereichert die Gastronomie weit über die Grenzen Südtirols hinaus. Seine von der EU anerkannte „geschützte geografische Angabe“ unterstreicht die Bedeutung dieses Brotes als Teil des kulinarischen Erbes unseres Landes Südtirol.