Akademische Titel werden bei Straßennamen nur selten beigefügt. Aber Ausnahmen bestätigen bekanntlich die Regel. Gerade bei Geistlichen fällt der eine oder andere Zusatz auf dem Straßenschild auf. Blicken wir auf die Prof.-Josef-Schwarz-Straße in Mölten.
Am 2. Juli 1922 hatte der Pfarrer von Gummer Florian Knottner keine Zeit mehr, sich das Primizmahl schmecken zu lassen. Er musste vorzeitig aus Mölten abreisen, da in seiner Pfarre für 4 Uhr nachmittags eine Glockenweihe anberaumt war, bei der er als Ortsgeistlicher nicht fehlen durfte. In Mölten hatte er die Predigt für Josef Schwarz gehalten, der in seinem Heimatort die Primiz feierte. Halb Mölten war an jenem Tag auf der Straße, der Ort wurde dem Anlass entsprechend geschmückt und die neugegründete Musikkapelle spielte auf. Mölten würde es verstehen, Priesterfeste zu feiern, meinte ein Journalist 1947 zu Schwarz‘ 25-jährigen Priesterjubiläum.
Priester und Lehrer
Josef Gregor Schwarz wurde am 9. März 1894 als siebtes von elf Kindern des Unterwirts Heinrich Schwarz und seiner Frau Theresia Werner in eine fromme Familie geboren. Schon im Alter von 13 Jahren äußerte er den Wunsch, Priester zu werden. Die Eltern gaben hierzu gern die Zustimmung. Josef verließ seinen Heimatort und besuchte von da an das Franziskanergymnasium in Bozen. Seine heute noch einsehbaren Zeugnisse weisen ihn als vorzüglichen Schüler aus, der den Lehrern und seinen Eltern viel Freude bereitete. Doch mit dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges änderte sich einiges. Durch die Kriegserklärung der Italiener an Österreich-Ungarn im Mai 1915 wurde das laufende Schuljahr vorzeitig abgeschlossen und die erste Kriegsmatura abgenommen. Josef bestand sie mit Auszeichnung. Der weitere Weg war der vieler seiner Mitschüler. Er wurde zum Kriegsdienst eingezogen, zunächst bei den Standschützen, später bei den Kaiserjägern.
Der mittlerweile zum Leutnant Aufgestiegene wurde bei Asiago verwundet und erhielt die Tapferkeitsmedaille in Bronze. 1918 war der Krieg endlich zu Ende. Obwohl er schon ein gutes Jahrzehnt zuvor eine geistliche Laufbahn einschlagen wollte, zögerte er nun. Auch ein Studium der Geschichte schien ihm reizvoll. Die Unsicherheit dauerte jedoch nur kurz. Josef trat ins Priesterseminar ein, zuerst in Innsbruck, bald darauf wechselte er nach Brixen. Ende Juni 1922 wurde er zum Priester geweiht. Danach warteten unterschiedliche Aufgaben auf ihn. Als Kooperator in Rabenstein im Passeiertal kümmerte er sich um die Knappen auf dem Schneeberg, als Präfekt am Bozner Johanneum um die durch die Kriegszeit verunsicherten Studenten.
Ab 1928 war er dann am Johanneum in Dorf Tirol eine der ersten Lehrpersonen und verblieb dort bis zu seinem Lebensende. Zu den von ihm mit großer Begeisterung unterrichteten Fächern gehörten Geschichte und Kunstgeschichte. Er besaß die wertvolle Gabe, seine Freude an den Inhalten an seine Schüler weiterzugeben. Doch bei aller Liebe zur Schule blieb er Zeit seines Lebens zuerst Priester, der seine Entscheidung, seiner Berufung zu folgen, nie bereut hatte. Josef Schwarz starb am 20. März 1980 in Martinsbrunn und wurde in seinem Heimatort Mölten beigesetzt.
Heimatforscher
Vielleicht war die eigenständige, intensive Beschäftigung mit der Landesgeschichte ein Grund dafür, warum er seine Schüler für seine Fächer begeistern konnte. Seit 1946 veröffentlichte er zahlreiche heimatkundliche Beiträge, vor allem in der lokalen Kulturzeitschrift „Der Schlern“. Dabei lag die biographische Durchleuchtung bedeutender Persönlichkeiten in seinem besonderen Interesse. So waren der Priester und Künstler Siegfried Teßmann oder der Südtiroler Bischof in Uganda Johannes Greif genauso Thema seiner Artikel wie Schuldirektor Josef Marini und Bildhauer Gustav Gurschner. Wie sehr die Möltner Josef Schwarz schätzen, zeigt sich u.a. darin, dass sie ihm die Ehrenbürgerwürde verliehen und eine Straße nach ihm benannt haben.
Christian Zelger