Das Bewässerungskonsortium „Prissian-Tisens“ hat beschlossen: „Der Anschluss an die Wasserkraftwerke im Ultental wird realisiert“. Ein wegweisender Schritt für die Zukunft der Landwirtschaft auf dem beliebten Sonnenplateau.
von Philipp Genetti
Es ist ein langes Thema mit einer langen Vorgeschichte. Nachdem sich die Interessensgemeinschaften von Naraun und Tisens bereits für einen möglichen Anschluss an die Restwasserleitung von St. Pankraz ausgesprochen hatten, um die Bewässerung der Obst- und Weinbaugebiete besonders in trockenen Monaten weiterhin zu garantieren, gab es im Bewässerungskonsortium „Prissian-Tisens“ noch Widerstand von einigen Mitgliedern. Hauptkritikpunkt der Gegner: Die vorhandenen Wasserreserven hätten in den letzten 50 Jahren ausgereicht und sollten dies auch weiterhin tun. Außerdem seien die notwendigen Mehrkosten für den individuellen Anschluss der eigenen Bewässerungsanlagen an die geplante neue Wasserleitung, die jedes Mitglied selbst tragen müsse, unverhältnismäßig hoch. Ein Argument, das bei den Befürwortern auf wenig Verständnis stößt. So heißt es von Seiten der örtlichen Grundbesitzer, man vergesse, dass der Bau der Leitungen durch unsere Vorfahren auf einem Bedarf beruhte, der angesichts der steigenden Bevölkerungszahl und der zunehmend trockeneren Sommermonate nicht mehr gedeckt werden könne.
Die Entscheidung für den Anschluss an die Ultner Wasserleitung sei daher eine Investition in die Zukunft. Der größte Teil des Wassers, das bis heute auf dem Hochplateau des Tisner Mittelgebirges für die Landwirtschaft genutzt wird, stammt aus dem Prissianer Bach und dem Nalser Bach. In den immer länger werdenden sommerlichen Trockenperioden stößt dieses System jedoch zunehmend an seine Grenzen. Als Anfang der 2000er Jahre ein Bruch in der Nähe der Quelle des Nalser Baches zwischen Grissian und Sirmian den Bachlauf beeinträchtigte, kam es bei starken Regenfällen rasch zu einer Verschlammung des Einlaufs und dadurch zu einem Verlust von bis zu 50 % der Wassermenge. Wenn dann im Sommer acht Wochen Trockenheit herrschen, können die Zuflüsse den Bedarf nicht mehr decken.
Besonders betroffen sind der Obstbau und die Grünlandwirtschaft, was verheerende Folgen für die Qualität der Ernte haben kann. Durch die Verkürzung der Bewässerungszeiten konnten bisher zwar großflächige Schäden verhindert werden, doch die eingeschränkte Wasserverfügbarkeit auf dem Hochplateau bringt die Landwirte immer wieder an ihre Grenzen.
Seit zwölf Jahren wird daher über den möglichen Bau einer neuen Wasserleitung aus dem Stollen in Oberlana mit Anschluss an das Restwasserkraftwerk St. Pankraz, das Einzugsgebiet des Bewässerungskonsortiums zweiten Grades diskutiert.
Dieses verwaltet die Wasserzuflüsse von rund acht Bodenverbesserungskonsortien. Die Interessensverbände von Prissian und Tisens gehören dabei zu den am weitesten von der Anlage entfernten Ortschaften. Der Anschluss und der Bau einer neuen Wasserleitung vom Wasserkraftwerk St. Pankraz nach Naraun galt bisher als beschlossene Sache. In Abhängigkeit vom Interesse der angrenzenden Gebiete Tisens und Prissian wollte man im übergeordneten Bodenbewässerungskonsortium zweiten Grades über die Dimensionierung der Rohrleitung entscheiden. Um eine mögliche Verlängerung der Leitung in die Gebiete Tisens und Prissian künftig realisieren zu können, sei eine größere Dimensionierung der Leitungen unabdingbar, heißt es aus Prissian. Trotzdem gab es zunächst Widerstand, vor allem von Landwirten aus Prissian und Tisens. Bei einer ersten Abstimmung im Jahr 2023 stand das Projekt bereits auf der Kippe. Der Haken an der Sache: Sollte die Leitung aus Ulten nicht ausreichend groß genug dimensioniert werden, könnte sie einen künftigen Anschluss von Tisens und Prissian nicht ausreichend versorgen. Das wäre eine schwerwiegende Entscheidung für die Zukunft der Landwirte.
Nachdem sich das Bodenbewässerungskonsortium von Tisens bereits bei einer Abstimmung im Frühjahr dieses Jahres für die Verlegung ausgesprochen hatte, konnten die Befürworter in Prissian, bei einer entscheidenden Abstimmung im Herbst 2024 ebenfalls eine Mehrheit für den Ausbau der Leitung gewinnen. Damit gibt es nun auch grünes Licht für das übergeordnete Bodenbewässerungskonsortium zweiten Grades. Der erste Teilabschnitt der neuen Wasserleitung bis nach Naraun soll bis 2026 fertiggestellt werden. Danach folgen die Anschlüsse für Tisens und Prissian.
Für den Ortsbauernobmann Erich Pallweber, Ausschussmitglied vom Bodenverbesserungskonsortium Prissian Tisens ist die positive Abstimmung ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung: „Die nächste Generation der Landwirte wird es uns danken. Die neue Wasserleitung bietet nicht nur eine Absicherung gegen längere Trockenperioden, sondern ermöglicht auch die Frostbewässerung, die bisher in einigen Zonen mangels Wasserverfügbarkeit undenkbar war. Darüber hinaus sichern wir durch die zusätzlichen Wasserreserven den Wert unserer Böden auch für die Zukunft ab.
Mit den Gegnern des Projekts suchen wir einen Konsens, damit die Entscheidung auch für alle tragbar wird.“
Aktiver Standort für Wirtschaft, Bildung und Gesundheit
Die Gemeinde Tisens mit ihren 2005 Einwohnern erstreckt sich über eine Fläche von rund 39,18 km² und umfasst neben dem Hauptort Tisens die Fraktionen Prissian, Grissian, Schernag, Naraun, Gfrill und Platzers. Bekannt ist die Gemeinde vor allem für die Tisner Edelkastanien sowie für zahlreiche historische Bauwerke, darunter die imposanten Burgen Fahlburg, Schloss Katzenzungen mit der berühmten Versoaln-Rebe und die Ruine der Pfeffersburg (auch Kasatsch genannt). Tisens ist auch der Geburtsort des bedeutenden Südtiroler Priesters und Publizisten Kanonikus Michael Gamper.
Als attraktiver Wohnort bietet Tisens alles, was das tägliche Leben angenehm macht: von zahlreichen Wanderwegen, familiengeführten Gasthöfen und einer Postfiliale bis hin zur Raiffeisenkasse Tisens und einer Apotheke. Die Nahversorgung wird durch das Lebensmittelgeschäft Naves in Tisens sichergestellt. Auch im Bildungs- und Gesundheitsbereich hat die Gemeinde einiges zu bieten. Hervorzuheben sind die Fachschule für Hauswirtschaft und Ernährung sowie das renommierte Rehabilitationszentrum „Salus Center“ in Prissian mit insgesamt 90 Betten. Derzeit wird auch an der Realisierung einer Palliative-Care-Einrichtung für Kinder und Jugendliche gearbeitet.
Landwirtschaft, Tourismus und Handwerk sind weitere wichtige Standbeine der lokalen Wirtschaft. Ein Beispiel dafür ist die Zimmerei und Spenglerei Piazzi Mathias. Auch die Unternehmerin Haidrun Grüner hat mit ihrer Tisner Group ein erfolgreiches Unternehmen aufgebaut. Ihre „Tisner Reisen“, das Shoppingportal „tisnermorkt.it“ für lokale Erzeugnisse sowie der Lieferservice „Tisner Trans“ sind weit über die Gemeindegrenzen hinaus bekannt.
Die verkehrstechnische Anbindung über Lana und Nals erhöht die Attraktivität des Standortes Tisens zusätzlich. Ob Wandern, Einkaufen, Genießen der regionalen Küche oder Bummeln durch die malerischen Ortskerne von Tisens und Prissian – die Gemeinde Prissian-Tisens bietet eine gute Mischung aus Natur, Kultur und Kulinarik und begeistert damit sowohl Einheimische als auch Urlaubsgäste.