Die Mailänder Staatsanwaltschaft ermittelt in einem Fall, der sich zum größten Skandal der letzten zehn Jahre entwickeln könnte. Im Zentrum der Ermittlungen steht die Firma Equalize und ihr Geschäftsführer Carmine Gallo.
Der als Superpolizist bekannte ehemalige Mafia-Ermittler hat offensichtlich die Seiten gewechselt und ist zum Kopf einer kriminellen Vereinigung geworden. Diese hat sich darauf spezialisiert sensible Daten zu hacken und diese anschließend zu verkaufen oder Personen des öffentlichen Lebens damit zu erpressen. Dabei konnte sie sich auf zahlreiche Komplizen stützen.
Insgesamt sind sechs Unternehmen in die Ermittlungen involviert, und es wird gegen mehr als 60 Personen ermittelt. Carmine Gallo soll auch im Dienst befindliche Polizeibeamte in seine Machenschaften einbezogen haben. Diese Beamten waren in der Lage, Informationen aus den wichtigsten öffentlichen Datenbanken abzurufen und weiterzugeben, darunter das SDI, auf das die Strafverfolgungsbehörden Zugriff haben; die INPS-Archive, in denen Daten über Beiträge und Einkommen gespeichert sind; Serpico, ein Computersystem der Agentur der Einnahmen zur Sammlung und Analyse von Daten über Steuerhinterziehung; sowie SIVA, das Informationssystem der Finanzpolizei zur Meldung verdächtiger Finanztransaktionen.
Gegen Bezahlung soll die Organisation auch Dossiers über den Senatspräsidenten, Ignazio La Russa und dessen Sohn Geronimo erstellt haben. Sie soll sogar die E-Mail-Adresse von Staatspräsident Sergio Mattarella geklont haben. Außerdem sammelte sie Informationen über Matteo Renzi sowie Letizia Moratti im Zusammenhang mit deren Kandidatur für das Präsidentenamt der Lombardei. Zu den Kunden zählen Privatpersonen, die ihre PartnerInnen überwachen wollten, bis hin zu Managern, die Mitarbeiter ausspionieren wollten. Ob die Daten auch an Drittstaaten wie Russland verkauft wurden, ist nicht bekannt.
Es handelt sich um organisierte Datenkriminalität im großen Stil, mit dem Potential Teile des Staatsapparates zu erschüttern. Die Hackerangriffe haben in Italien jedenfalls eine Diskussion über die Sicherheit sensibler Datenbanken ausgelöst. Ministerpräsidentin Meloni fordert eine lückenlose Aufklärung. Kein Staat könne so etwas hinnehmen. Im besten Fall handle es sich um Erpressung, im schlimmsten Fall um einen Umsturzversuch.