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Naturnahes Ultental

Wirtschaft und Tourismus in einem versteckten Paradies.

Das Ultental, eingebettet in die Bergwelt der Ortlergruppe, ist bekannt für seine unberührte Natur, seine traditionelle Lebensweise und seine wachsende Bedeutung als Wirtschafts- und Tourismusregion. Die Wirtschaft des Ultentals wird seit jeher von zwei zentralen Säulen getragen: der Landwirtschaft und dem Handwerk. In den letzten Jahrzehnten hat sich aber auch der Tourismus als wichtiger Wirtschaftszweig etabliert.
Die Landwirtschaft hat im Ultental eine lange Tradition und spielt im Alltag der Bewohner eine bedeutende Rolle. Die Hauptprodukte sind Milch, Käse und Fleisch, ergänzt durch andere regionale Produkte. Viele Bauernhöfe betreiben biologische Landwirtschaft und setzen auf nachhaltige Produktion, um die empfindliche alpine Natur zu schützen. Die Wälder des Ultentals sind eine wertvolle Ressource für die lokale Wirtschaft. Die Holzwirtschaft wird nachhaltig betrieben und liefert Rohstoffe für die Bau- und Möbelindustrie sowie für die lokale Energieversorgung. Das Tal ist bekannt für seine Wasserquellen, die nicht nur die Landwirtschaft unterstützen, sondern auch zur Energiegewinnung genutzt werden. Aber auch das Handwerk und Kleinbetriebe haben sich im Ultental angesiedelt und schaffen Arbeitsplätze. Diese Klein- und Familienbetriebe stellen qualitativ hochwertige Produkte her, die sowohl in der Region und darüber hinaus sehr geschätzt werden. Das Ultental ist ein gutes Beispiel für den nachhaltigen Umgang mit einem wachsenden Tourismusziel. Der Tourismus hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor im Ultental entwickelt. Massentourismus wird jedoch bewusst vermieden, um die natürliche Schönheit und das kulturelle Erbe des Tales zu erhalten. Für Naturliebhaber bietet das Ultental eine Vielzahl an Freizeitmöglichkeiten für Naturliebhaber. Wanderwege, Mountainbikestrecken und Kletterrouten durchziehen die unberührte Landschaft. Der Zoggler-Stausee ist ein beliebtes Ziel für Angler und Kanuten. Nach dem Zoggler-Stausee unweit der Seilbahn auf die Schwemmalm wurde in Kuppelwies ein Picknickplatz errichtet.

Zahlreiche Grillstellen mit Bänken und Tischen sowie ein niederes Naturfreibad für Groß und Klein sorgen für viel Spaß und Abkühlung. Im Winter lockt das Skigebiet Schwemm­alm mit seinen neuen Aufstiegsanlagen Familien und Genussskifahrer. Auch Schnee­schuhwanderer, Rodler und Lang­läufer finden hier gut präparierte Pisten und Loipen vor. Da ein großer Teil des Tals im Nationalpark Stilfserjoch liegt, mit einem der größten Naturschutzgebiete Europas trifft man auf seltene Tier- und Pflanzenarten, darunter Steinböcke, Gämsen und die Alpenrose. Wer Ruhe sucht, wird das Ultental als idealen Ort für Erholung und Wellness schätzen. Viele Hotels und Ferienhäuser bieten Entschleunigungs- und Naturgenussprogramme wie Yoga in den Bergen oder Waldbaden an. Traditionspflege wird im Ultental großgeschrieben. Regelmäßige Veranstaltungen wie das Ultner Käsefestival, Bauernmärkte oder Almabtriebe ziehen Einheimische und Urlaubsgäste gleichermaßen an. Historische Kirchen, alte Bauernhöfe und die berühmten Ultner Urlärchen – über 2000 Jahre alte Bäume – geben Einblick in die Geschichte des Tales. Das Ultental steht vor der großen Herausforderung, eine Balance zwischen wirtschaftlichem Wachstum und Schutz der einzigartigen Umwelt zu finden. Eine vielversprechende Lösung beitet der nachhaltige Tourismus, der Arbeitsplätze schafft und gleichzeitig die Natur und die lokale Kultur respektiert. Initiativen wie umweltfreundliche Mobilitätskonzepte und die Förderung regionaler Produkte unterstützen diesen Ansatz.


Deshalb ist das Ultental ein Beispiel dafür, wie Tradition, Nachhaltigkeit und wirtschaftliche Entwicklung miteinander verbunden werden können. Es bietet den Einheimischen eine stabile Lebensgrundlage und den Gästen ein authentisches, naturnahes Erlebnis. Mit einem gezielten Fokus auf nachhaltige Entwicklung hat das Tal das Potenzial, eine Modellregion für sanften Tourismus und umweltverträgliches Wirtschaften zu werden.

Vorbildlicher Einsatz für das Gemeinwohl im Ultental

Benjamin Egger ist in Ulten als besonders engagierter junger Mann bekannt. Der 30-jährige Jurist hat in Trient Rechtswissenschaften studiert und arbeitet heute als Vizedirektor und Rechts­berater im Verband der Südtiroler Seniorenheime. Neben seiner beruflichen Tätigkeit im Seniorenbereich beeindruckt er vor allem durch sein soziales Engagement. Seit 2024 ist er Vizepräsident des Weißen Kreuzes und setzt sich zudem als leidenschaftlicher Wortgottesdienstleiter für die Gemeinschaft ein.

Benjamin Egger

Herr Egger, Sie sind bereits seit Ihrer Jugend im sozialen Bereich aktiv. Was treibt Sie an, sich so stark für das Allgemeinwohl zu engagieren?
Benjamin Egger: In erster Linie ist es mein Ziel, gemeinsam mit anderen etwas bewegen zu können. Als Einzelperson kann man sich für eine Sache einsetzen und hat dabei einen gewissen Wirkungsgrad. Sich gemeinsam mit Gleichgesinnten, die das gleiche Ziel vor Augen haben, zu engagieren, vervielfacht diese Wirkung sehr. Und ganz wichtig dabei ist: Gemeinsam macht alles viel mehr Spaß.

Erinnern Sie sich noch an Ihre ersten Erfahrungen im Ehrenamt? Wie hat alles angefangen?
Meine ersten ehrenamtlichen Erfahrungen habe ich im Pfarrgemeinderat von St. Nikolaus und im Sektionsausschuss des Weißen Kreuz Ultental gemacht. Ich war jeweils das jüngste Mitglied des Gremiums und hatte es mir unter anderem zur Aufgabe gemacht die Sichtweise der „jüngeren“ Generationen einzubringen. Das war nicht immer einfach. Aber ich habe auch sehr viel für mein Leben gelernt. Im Grunde dreht sich alles um den Umgang mit anderen Menschen und um Kommunikation. Das gilt besonders auch für das Ehrenamt und das Vereinsleben.

Neben Ihrem Beruf engagieren Sie sich seit Jahren beim Weißen Kreuz. In diesem Jahr wurden Sie zum Vizepräsidenten des Landesrettungsvereins gewählt. Wie kam es zu dieser Wahl, und was bedeutet Ihnen diese Aufgabe?
Die Arbeit im Vorstand hat mir sehr gefallen, und als mich der Präsident fragte, ob ich als Vizepräsident mitarbeiten möchte, musste ich nicht lange überlegen. Es ist eine Ehre, mit Präsident Alexander Schmid und dem Vorstand eine der größten Freiwilligenorganisationen zu führen.

Was sind Ihre Aufgaben in der Funktion als Vizepräsident?
Meine Aufgabe besteht in erster Linie darin den Präsidenten in seiner Arbeit zu unterstützen. Konkret bedeutet das, dass ich ab und zu Interviews für den Präsidenten übernehme oder ihn bei Veranstaltungen vertrete, wenn er abwesend ist. Wir stimmen uns wöchentlich ab und informieren uns gegenseitig – das bei einem Verein dieser Größe wichtig ist, um den Überblick zu behalten.

Der christliche Glaube und die Kirche spielen in Ihrem Leben eine wichtige Rolle. Im Jahr 2021 wurden Sie von Bischof Ivo Muser mit der Leitung der Wort-Gottes-Feiern beauftragt. Was begeistert Sie daran?
Unser inzwischen verstorbener Pfarrer Richard Edenhauser wollte mich bei einer Pfarrgemeinderatssitzung für den Kurs zur Leitung von Wort-Gottes-Feiern begeistern. Die Voraussetzungen hatte ich damals nicht, doch die Möglichkeit, Gottes Wort weiterzugeben, inspirierte mich, 2019/2020 die Ausbildung zu machen. Vorbild war Pfarrer Edenhauser, der mit gut vorbereiteten Predigten und viel Elan den Zugang zum Wort Gottes erleichterte.

Was bedeutet der Glaube für Sie? Und wie sehen Sie die Zukunft des Glaubens und der Kirche in einer zunehmend säkularen Welt?
Der Glaube ist für mich eine sehr wichtige Stütze im Leben. Er gibt Sicherheit, Halt und Kraft für die Herausforderungen des Alltags. Jeden Tag schöpfe ich aus ihm neue Energie, die mich durch schwierige Zeiten trägt. Ich bin überzeugt, dass die Zukunft davon geprägt sein wird, einerseits wertvolle Traditionen zu bewahren, andererseits aber auch Veränderungen zuzulassen und Raum für Erneuerung zu schaffen. Nur so kann die Kirche in einer sich ständig und immer schneller verändernden Welt bestehen.

Wie sieht Ihre Arbeit als Wort-Gottes-Feier-Leiter aus? Welche Reaktionen erleben Sie von den Menschen, die daran teilnehmen?
Die Arbeit als Wort-Gottes-Feier-Leiter umfasst die Organisation, Planung und Vorbereitung von Gottesdiensten. Wichtig ist, alle Dienste wie Lektoren, Kantoren, Organisten, Chor und Ministranten einzubeziehen, um den Gottesdienst lebendig zu gestalten. Ein zentraler Punkt ist die Schriftauslegung, um die Botschaft Jesu greifbar zu machen. Die Verwendung des Dialekts bringt mich den Menschen näher. Die positiven und dankbaren Reaktionen zeigen, wie sehr die Arbeit der Wort-Gottes-Feier-Leiter geschätzt wird.

Ihre Wortgottesfeiern werden vor allem von den Jugendlichen gut angenommen. Warum und was müsste Ihrer Meinung nach die Kirche tun, um für junge Menschen wichtiger zu werden?
Eine mögliche Erklärung ist vielleicht der geringere Altersunterschied zwischen mir und den Jugendlichen im Vergleich zu jenem zwischen den Jugendlichen und den meisten Priestern in Südtirol. Je näher man einer Zielgruppe ist, vor allem auch altersmäßig, desto besser erkennt man die Bedürfnisse und Themen, die sie beschäftigen. Meiner Meinung nach ist die Kirche oft nicht flexibel genug. Sie wirkt in manchen Bereichen starr und zu sehr in alten Mustern verhaftet. Etwas mehr Lockerheit und Offenheit würde es den Jugendlichen wahrscheinlich leichter machen, sich zurechtzufinden.

Spirituelle Angebote nehmen auch in Südtirol zu, während der klassische christliche Glaube an Attraktivität zu verlieren scheint. Woran liegt das und spüren Sie diese Entwicklung auch in Ulten?
Die Verunsicherung und Informationsüberflutung unserer Zeit spielt hier eine wesentliche Rolle. Spirituelle Angebote versprechen oft individuelle Wege und persönliche Erfüllung ganz ohne Bindung an eine Institution oder Gemeinschaft, dafür aber mit Angeboten, die den Einzelnen direkt ansprechen. Damit wirken sie oft moderner und attraktiver als der klassische christliche Glaube. Dennoch glaube ich nicht, dass der christliche Glaube dadurch an Attraktivität verliert oder sich vor alternativen Angeboten fürchten muss. Vielleicht ist diese Entwicklung auch als Herausforderung zu verstehen, die Kirche attraktiver und moderner zu gestalten. In Ulten spüre ich diese Entwicklung nicht so stark: Die Firmvorbereitung ist beispielsweise gut besucht, was für mich auch bedeutet, dass der klassische christliche Glaube bei den Jugendlichen sehr wohl präsent ist und für sie eine Bedeutung hat.

Sie engagieren sich beruflich und sozial in Bereichen, in denen engagierte junge Menschen dringend gebraucht werden. Welche Ziele wollen Sie erreichen?
Eine schwierige Frage: Wahrscheinlich werde ich mich wohl auch in 10 Jahren noch für andere Menschen einsetzen, weil mir das am Herzen liegt. In welcher Form das sein wird, kann ich noch nicht sagen, das wird sich zeigen. Auf jeden Fall ist es für mich eine Genugtuung, meine Zeit in den Dienst des Nächsten zu stellen – und ich glaube nicht, dass sich daran etwas ändern wird. Mein Ziel ist es, mich und mein Umfeld weiterzuentwickeln – beruflich und privat. Denn Stillstand ist für mich Rückschritt.

Philipp Genetti